Der Giftnotruf wurde dabei symbolisch als überdimensionaler Telefonhörer dargestellt, der als «Patient» auf der Bahre liegt. Die Petitionärinnen fordern mit der Aktion Baume-Schneider auf, Tox Info Suisse zu retten, wie die Organisation am Mittwoch mitteilte. Denn der Giftnotruf sei selbst zum Notfall geworden und eine schnelle Rettung in Form einer Finanzspritze sei nötig.
Politiker und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft stehen hinter dieser breiten Forderung, wie es weiter hiess. Mit mehr als 100'000 Stimmen fordere die Bevölkerung die finanzielle Sicherung des Rund-um-die-Uhr-Giftnotrufs Tox Info Suisse, der «lebensrettenden und kostenlosen Anlaufstelle bei Vergiftungsnotfällen».
Bundesrat will Privatwirtschaft ins Boot holen
Der Bundesrat sprach sich vor rund einer Woche für die Sicherstellung der langfristigen Finanzierung der nationalen Auskunftsstelle für Vergiftungen aus.
Ziel sei die Beteiligung der Privatwirtschaft an der Finanzierung und am Betrieb der Auskunftsstelle. Diese könne über eine Vereinbarung mit den betroffenen Branchen oder mit einer Gesetzesanpassung geschehen, so das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Parallel soll Tox Info Suisse bis April 2026 einer externen Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werden.
Laut Tox Info Suisse gaben private Träger aber in den letzten Tagen wiederholt zu verstehen, dass sie nicht die Möglichkeiten hätten, für den Bund einzuspringen. Die Organisation begrüsste zwar die Zusicherung des Bundesrates, fordert aber eine verbindliche Zusage über 1,1 Millionen Franken Soforthilfe. Mit dieser Überbrückungsfinanzierung könne sie den unentgeltlichen Dienst für den Moment retten.
Trotz einer Erhöhung der Beiträge von Bund und Kantonen hätten die jährlichen Betriebskosten der Auskunftsstelle von 4,35 Millionen Franken nicht mehr gedeckt werden können. Der Grund sei, dass Einnahmen unter anderem von privaten Trägern, aus Dienstleistungsverträgen mit Spitälern oder aus Spenden zurückgegangen seien. Bei einem bereits bestehenden Defizit von rund 800'000 Franken in der Jahresrechnung 2024 geht Tox Info Suisse in den kommenden Jahren von weiter steigenden Kosten aus.
Eine kurzfristige Erhöhung der Beiträge der öffentlichen Hand oder eine vollständige Deckung des Defizits ist laut BAG wegen der angespannten Finanzlage des Bundes jedoch nicht möglich.
40'000 Anrufe jährlich
Für den Fall, dass keine Vereinbarung zustande kommt, will der Bund eine Vernehmlassungsvorlage zur Sicherstellung der Auskunftsstelle ausarbeiten. Diese beinhalte eine Anpassung des Chemikaliengesetzes, die Herstellerinnen von Chemikalien verpflichte, eine Auskunftsstelle zu betreiben und zu finanzieren. Laut Tox Info Suisse liegt indes die gesetzliche Grundlage für die Finanzierung einer Auskunftsstelle für Vergiftungen bereits im Chemikaliengesetz vor.
Tox Info Suisse unter der Notrufnummer 145 berät pro Jahr rund 40'000 Anruferinnen und Anrufer aus der ganzen Schweiz. Chemikalien und Arzneimittel zählen zu den häufigsten Ursachen für Anrufe bei der Auskunftsstelle. Weitere Vergiftungsursachen sind etwa Lebensmittel und Kosmetika, Pilze, Pflanzen oder Gifttiere. Laut Tox Info Suisse rettet der Dienst tausende Menschen jährlich vor schweren Vergiftungen.
(AWP)