Viele rechtsorientierte Politiker werfen dem Höchsten Gericht seit langem eine übertriebene Einmischung in Entscheidungen von Regierung und Parlament vor. Auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat das Justizsystem in Israel wegen des Korruptionsverfahrens gegen ihn immer wieder aufs Schärfste angegriffen. Kritiker haben gewarnt, er könne versuchen, eine Verurteilung über eine systematische Schwächung des Justizsystems zu verhindern.

43 von 120 Abgeordneten, darunter auch Mitglieder von Netanjahus rechtskonservativer Likud-Partei, stimmten für den kontroversen Vorschlag. Eingebracht hatte ihn der Abgeordnete Bezalel Smotrich von der oppositionellen, ultrarechten Jamina-Partei. 54 Knesset-Mitglieder stimmten dagegen, der Rest war abwesend. Auch Netanjahu war nicht zugegen.

Der Vorschlag folgte auf Medienberichte, denen zufolge Richter des Höchsten Gerichts sich nicht an die Regel gehalten haben sollen, dass sie nicht in Fällen urteilen können, in denen sie einer der involvierten Parteien auf irgendeine Weise nahestehen.

Justizminister Avi Nissenkorn vom Mitte-Bündnis Blau-Weiss hatte eine Abstimmung für den Vorschlag zuvor mit der "Zerstörung der israelischen Demokratie" gleichgesetzt. Aus Blau-Weiss-Kreisen verlautete nach Medienberichten, die Abstimmung könne zu einer Neuwahl führen.

Verteidigungsminister Benny Gantz von Blau-Weiss schrieb bei Twitter: "Anstatt sich um die Arbeitslosen und Selbstständigen zu kümmern, will der Likud die Richter untersuchen. Anstatt sich um die wirtschaftlichen Versäumnisse zu kümmern, begehen sie einen moralischen Fehler." Gantz soll Netanjahu im Herbst kommenden Jahres als Ministerpräsident ablösen.

Die Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Israel sind zuletzt immer weiter gestiegen. Netanjahu steht für sein Krisenmanagement zunehmend in der Kritik./le/DP/men

(AWP)