Neben dem Handelsstreit USA/China, der sich auf die Währungen ausgeweitet hat, dürften der Brexit und die Regierungskrise in Italien für Unsicherheit sorgen. "Uns steht ein heißer Börsenherbst bevor", sagt Robert Greil, Chefstratege von der Privatbank Merck Finck.

Vor allem der Zollstreit zwischen den USA und China hängt weiter als Damokles-Schwert über den Börsen. Grundsätzlich habe zwar keine der beiden Parteien ein grundlegendes Interesse an einem Konflikt, sagt Benjamin Melman, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Edmond de Rothschild.

Allerdings habe die Regierung in Peking offenbar bislang den politischen Konsens in den USA zugunsten eines harten Vorgehens gegenüber China unterschätzt. "Umgekehrt erscheint es so, dass die USA es nicht einkalkuliert haben, dass einige ihrer Forderungen als Angriff auf die chinesische Souveränität angesehen werden."

In den vergangenen Tagen brockten die Ankündigung weiterer US-Strafzölle auf chinesische Waren sowie die Abwertung des Yuan dem Swiss Market Index (SMI) ein Minus von 0,5 Prozent ein. An der New Yorker Wall Street schloss der Dow-Jones-Index der Standardwerte am Freitag 0,3 Prozent tiefer auf 26'287 Punkten. Auf Wochensicht resultiert ein Minus von 0,7 Prozent. Der Hang Seng in Hongkong verlor 3,6 Prozent.

"Aufgrund der vielen Unsicherheitsherde in Bezug auf die globale konjunkturelle Situation, die Ungewissheit um die weitere Eskalation im Handelsstreit und die Frage wie wirksam wirklich der Eingriff der Notenbanken sein kann, gibt es viele unkalkulierbare Risiken", sagt Marc Sattler, Vorstandsmitglied der Bank für Vermögen.

Dann auch noch die Regierungskrise in Italien

Neben dem dem Zollstreit treibt ein möglicher ungeordneter EU-Ausstieg Großbritanniens Anlegern Schweißperlen auf die Stirn. Die Wahrscheinlichkeit eines "No Deal"-Brexit liege bei deutlich über 50 Prozent, warnt Steven Bell, Chef-Volkswirt der Investmentbank BMO. Sollte es zum 31. Oktober dazu kommen, müsse mit einem Börsenbeben gerechnet werden. "Aber die tatsächlichen Auswirkungen wären für die EU wahrscheinlich bescheiden und sicherlich viel geringer als für das Vereinigte Königreich."

Dazu kommt die Regierungskrise in Italien. Dort will die rechtspopulistische Lega die Koalition mit der populistischen 5-Sterne-Bewegung beenden und strebt Neuwahlen an. Sollte es zu einem Urnengang im Oktober kommen, wäre eine Mitte-Rechts-Koalition aus der Lega von Innenminister Matteo Salvini und der Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi das wahrscheinlichste Ergebnis, sagte Marco Wagner, Volkswirt bei der Commerzbank. "Diese würde vornehmlich eine ausgabenorientierte Politik verfolgen. Das Wachstum Italiens bliebe weiter schwach, wohingegen die Staatsschulden hoch blieben. Weitere Konflikte mit der EU-Kommission wären vorprogrammiert."

Ein Grund für die vergleichsweise moderaten Kursverluste der Aktienbörsen ist Börsianern zufolge die Aussicht auf billiges Notenbankgeld. Aus diesem Grund werden sie am Montag die Inflationsdaten aus Deutschland und den USA genau unter die Lupe nehmen. Von diesen erhoffen sich Investoren Rückschlüsse auf Zeitpunkt und Tempo der erwarteten Zinssenkungen. Parallel dazu steht der ZEW-Index auf der Agenda, der die Stimmung der deutschen Börsenprofis widerspiegelt.

In den darauffolgenden Tagen geben Zahlen zum deutschen und europäischen Wirtschaftswachstum sowie zu den US-Einzelhandelsumsätzen Auskunft über die möglichen Auswirkungen des Handelskonflikts auf die Konjunktur.

Unabhängig davon verfallen am Freitag Optionen auf Indizes und einzelne Aktien. In den Tagen zuvor schwanken die Aktienkurse üblicherweise stark, weil Investoren die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung bewegen wollen.

(Reuters)