Die Engländer sollen ihre Wohnungen nicht mehr ohne triftige Gründe verlassen - etwa zur Arbeit, zum Sport treiben, zur Erholung oder zu Pflege Angehöriger. Treffen mit anderen Haushalten sind bis auf wenige Ausnahmen verboten.
"Das Virus breitet sich derzeit schneller aus, als es unsere wissenschaftlichen Berater in einem Worst-Case-Szenario angenommen haben", sagte Johnson. "Jetzt ist es Zeit zu handeln, denn es gibt keine Alternative." Die Massnahmen seien notwendig, um den staatlichen Gesundheitsdienst NHS vor einer erneuten Überlastung zu schützen. In den ersten Regionen im Norden Englands sind bereits erste Operationen wieder verschoben werden, weil die Covid-19-Fälle auf den Intensivstationen drastisch zunehmen.
Am Samstag meldete Grossbritannien knapp 22 000 Neuinfektionen. Damit durchbrach das Land die Schwelle von einer Million bestätigten Coronavirus-Fällen seit Beginn der Pandemie. In den vergangenen zwei Wochen zählte das Vereinigte Königreich 451 Fälle pro 100 000 Einwohnern. Gesundheitsberater Patrick Vallance warnte, die zweite Corona-Welle könnte in Grossbritannien noch mehr Menschen das Leben kosten als die erste, wenn die Infektionsrate sich nicht massiv ändere. Bereits jetzt übersteigt die Zahl der Toten mit Covid-19 auf dem Totenschein die Schwelle von 60 000 Menschen, womit Grossbritannien bislang das am schwersten von der Pandemie getroffene Land in Europa ist. Johnsons Regierung wurde schon im Frühjahr vorgeworfen, zu spät reagiert zu haben.
Der Druck auf Johnson, schärfere Massnahmen zu ergreifen, hatte zuletzt erheblich zugenommen. Der regionale Ansatz, bei dem jedoch selbst in Regionen mit der höchsten Warnstufe noch Restaurants und Freizeiteinrichtungen geöffnet bleiben dürfen, habe sich nicht als effektiv bewährt, kritisieren Mediziner und Wissenschaftler. Sie hatten - genauso wie die Opposition - schon vor Wochen einen temporären Lockdown gefordert. Schottland, Wales und Nordirland machen ihre eigenen Regeln. Dort gelten bereits weitgehend deutlich schärfere, temporäre Corona-Massnahmen als bisher in England.
Um die Schliessungen für betroffene Unternehmen finanziell abzufedern, kündigte Johnson eine Verlängerung des "Furlough"-Programms an, das der deutschen Kurzarbeit ähnelt. Dieses sollte eigentlich zu Ende Oktober auslaufen und durch ein weniger grosszügiges Unterstützungsprogramm ersetzt werden./swe/DP/mis
(AWP)