"Partner, Wettbewerber, systemischer Rivale - das ist der Kompass der europäischen China-Politik. In welche Richtung die Nadel künftig ausschlagen wird, liegt auch daran, welchen Weg China wählt", sagte Baerbock. Mit der geplanten neuen China-Strategie werde die Bundesregierung einer veränderten Rolle Chinas in der Welt Rechnung tragen. Sie wolle sich nach dem Ende der Corona-Restriktionen "ein genaueres Bild davon machen, welchen Kurs die neue Führung einschlägt, auch mit Blick auf das Spannungsfeld zwischen politischer Kontrolle und wirtschaftlicher Offenheit", sagte die Ministerin.

Sie wolle Chancen für mehr Zusammenarbeit bei der Förderung der Zivilgesellschaft, beim Klimaschutz und in Zukunftsbranchen wie den erneuerbaren Energien ausloten, kündigte Baerbock an. Es sei klar: "An einer wirtschaftlichen Entkopplung haben wir kein Interesse - dies wäre in einer globalisierten Welt ohnehin schwer möglich." Man müsse aber die Risiken einseitiger Abhängigkeiten systematischer in den Blick nehmen und abbauen, "im Sinne eines De-Risking".

Dies gelte gerade auch "mit Blick auf das Horrorszenario einer militärischen Eskalation in der Taiwanstrasse, durch die täglich 50 Prozent des Welthandels fliessen", sagte Baerbock weiter. Sie werde deshalb auch die gemeinsame europäische Überzeugung unterstreichen, dass eine einseitige Veränderung des Status quo in der Taiwanstrasse, und erst recht eine militärische Eskalation inakzeptabel wäre. Selbstverständlich wolle sie in China auch über den Schutz der universellen Menschenrechte sprechen, sagte die Ministerin. Dieser müsse Bestandteil fairer Wettbewerbsbedingungen sein.

China trage als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine besondere Verantwortung für den Weltfrieden, betonte Baerbock vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine. Welche Rolle China mit seinem Einfluss auf Russland einnehme, "wird für ganz Europa und unsere Beziehung zu China Folgen haben", sagte sie. Auch angesichts der Rückendeckung Pekings für den russischen Präsidenten Wladimir Putin dürfte die Reise für sie eine der diplomatisch schwierigsten Missionen ihrer bisherigen Amtszeit werden./bk/DP/he

(AWP)