"Unsere Erde ist endlich, und sie ist die einzige, die wir haben", sagte Glättli nach der Wahl in seiner Rede. "Nur wenn wir aus dem Wachstumszwang ausbrechen, schaffen wir einen bleibenden Wohlstand, der nicht sein eigenes Fundament untergräbt. Das Motto dazu könnte heissen: Besser statt Mehr."

Die zentrale Herausforderung dieses Jahrhunderts bleibe der rasche Ausstieg aus den fossilen Energien und der Erhalt der Biodiversität. Nur so könne das Klimafieber gesenkt werden, sagte der 48-jährige Glättli. Diese Themen seien auch die Kernthemen der Grünen. Die Partei sei in den eidgenössischen Wahlen im letzten Herbst sowie in den Kantonen massiv gestärkt worden.

Für die Grünen dürfe die Freiheit der einen nicht auf der Ausbeutung der anderen beruhen, aber auch nicht auf der Ausbeutung der Natur. Eine neue Herausforderung sei es aufgrund der Digitalisierung, die Beziehung zwischen Mensch und Technik demokratisch und zum Nutzen von allen zu gestalten. Für die Regelung der Beziehung von Mensch und Umwelt sowie von Mensch und Technik sei eine Politik der Sorge und Verantwortung nötig.

Mitmachpartei

Glättli sieht seine Partei als "Mitmachpartei", in der sich alle einbringen könnten, denen die Sorge um die Umwelt, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Menschlichkeit wichtig sind. Die Grünen würden sich auch in vier Jahren weiterhin bewegen. Aus Bewegungen - aus der Umwelt-, der Frauen- und der Friedensbewegung - seien die Grünen auch entstanden.

Zusammen mit und als Teil dieser Bewegungen müsse die Partei den Druck aufrechterhalten, damit aus grünen Wahlerfolgen auch Mehrheiten würden, sagte der neue Parteipräsident.

Die Transformation der Gesellschaft weg von der Abhängigkeit von fossilen Energien werde das Wirtschaften, die internationalen Beziehungen, die Machtverhältnisse, aber auch den Alltag verändern. Die Aufgabe der Grünen sei es, für diese Transformation Unterstützung bei anderen Parteien zu finden und den Schwung der Bewegungen zu nutzen.

Neues Vizepräsidium

Die 148 Delegierten wählten auch ein neues Vizepräsidium. Dieses setzt sich neu aus Florence Brenzikofer (Nationalrätin, BL), Luzian Franzini (Kantonsrat, ZG), Oleg Gafner (Junge Grüne, VD), Isabelle Pasquier-Eichenberger (Nationalrätin, GE), Franziska Ryser (Nationalrätin, SG) und Nicolas Walder (Nationalrat, GE) zusammen.

Nach acht Jahren an der Spitze der Partei trat Regula Rytz am Samstag als Präsidentin zurück. Die Grünen sind während ihrer Amtszeit zur viertstärksten politischen Kraft der Schweiz geworden. Nachhaltigkeit, Gleichstellung und die Achtung der Menschenrechte standen im Zentrum des Engagements von Rytz.

Sitz im Bundesrat angestrebt

Glättli strebt mit den Grünen einen Sitz im Bundesrat an. Wenn die viertgrösste Partei in der Schweiz und wenn ein Drittel aller Wählerinnen und Wähler nicht in der Regierung vertreten seien, müsse das korrigiert werden, sagte er in einem Interview in den Tamedia-Zeitungen von Samstag.

Er selbst stehe für eine Bundesratskandidatur nicht zur Verfügung. Wenn eine Partei das erste Mal in eine Regierung wolle, seien die Ansprüche an eine Kandidatur viel höher als sonst. Diese Person müsse besser sein als jene der Konkurrenz. Eine solche Person sollte idealerweise Exekutiverfahrung mitbringen. Die habe er nicht.

Ende Mai hatte Glättli das Fraktionspräsidium der Grünen nach knapp sieben Jahren per sofort abgegeben, weil er für das Parteipräsidium kandidierte. Die bereits für den 28. März geplante Wahl des Parteipräsidiums musste wegen der Corona-Pandemie verschoben werden.

(AWP)