Das Russland-Risiko der Credit Suisse ist verglichen mit anderen europäischen Grossbanken überschaubar. Brutto hatte das Schweizer Geldhaus Ende 2021 Kredite im Umfang von 1,57 Milliarden Franken im Feuer, wie dem am Donnerstag veröffentlichten Geschäftsbericht zu entnehmen war. Unter Einbezug von Absicherungen über Derivate sowie Garantien, Versicherungen und Sicherheiten kam das Institut auf einen Nettowert von 848 Millionen Franken. Seit dem Jahresende sei das Risiko zurückgefahren worden.

Damit bewegt sich die Credit Suisse in einer ähnlichen Grössenordnung wie ihre grössten Rivalen. Die UBS hatte das eigene Risiko zu Ende 2021 auf 634 Millionen Dollar beziffert, diesen Wert in den vergangenen Wochen aber ebenfalls zurückgefahren. Bei der Deutschen Bank waren es 0,6 Milliarden Euro. Um ein Vielfaches stärker exponiert sind etwa die österreichische Raiffeisen Bank International, die französische Societe Generale oder die italienische Unicredit. Investoren befürchten angesichts der Invasion der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland hohe Abschreibungen und Ertragseinbussen für diese Geldhäuser. Zudem grassiert die Sorge, dass so manches Institut auf Forderungen dort sitzen bleiben könnte.

Die Credit Suisse, die auf eine ganze Reihe von Fehlschlägen zurückblickt und etwa aus dem Kollaps des Hedgefonds Archegos der höchsten Verlust der gesamten Branche einfuhr, steht dieses Mal offenbar besser da. "Hinsichtlich rein finanzieller Aspekte haben wir unsere Positionen geprüft und sind der Auffassung, dass das Engagement der Bank im Zusammenhang mit Russland derzeit gut verwaltet wird und wir über geeignete Systeme verfügen, um auf die damit verbundenen Risiken zu reagieren", erklärte Konzernchef Thomas Gottstein. Die Bank sei in Moskau präsent, wo 125 Mitarbeiter angestellt seien. Das Nettovermögen in den beiden russischen Tochtergesellschaften habe sich zum Jahresende auf 195 Millionen Franken belaufen. Credit Suisse habe nur ein minimales Gesamtkreditengagement gegenüber sanktionierten Personen. Die Bank habe keine wesentlichen Kredite in Bezug auf die Ukraine oder Belarus ausstehen.

"Das direkte Exposure zu den direkt in den Konflikt verwickelten Ländern hält sich erwartungsgemäss in Grenzen", erklärte ZKB-Analyst Michael Kunz. Die grösste Gefahr für die Credit Suisse und den Bankensektor allgemeinen sei eine globale Wirtschaftskrise.

Die Credit Suisse verurteile die Invasion. "Die Unsicherheit, die sich daraus für die Gesellschaften und Länder der Welt ergibt, wird weitreichende Konsequenzen haben", erklärte Gottstein. Noch seien die möglichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Weltwirtschaft, die Finanzmärkte und die Risikobereitschaft der Kunden nicht vollständig abschätzbar. Kurzfristig dürfte der vom Krieg ausgelöste Anstieg der Handels- und Absicherungsgeschäfte durch einen Rückgang der Kapitalmarktemissionen ausgeglichen werden.

(Reuters)