Die Positionen in der Politik haben sich bezüglich Nord Stream 2 aber nicht grundlegend verändert - die Lager der Befürworter und Gegner sind weitgehend gleich geblieben.

Deutsche Bundesregierung

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vergangene Woche erneut betont, dass die Bundesregierung an dem Projekt festhält. Merkel argumentiert auf drei Ebenen: Zum einen handele es sich um ein wirtschaftliches Projekt, die Firmen müsste entscheiden, ob sie es wollten oder nicht. Zum anderen hätten die Bundesregierung und die EU mit einem Gazprom-Vertrag die Zusicherung eingeholt, dass die Ukraine weiter Transitland für russisches Gas sein werde. Drittens lehne man exterritoriale Sanktionen der USA ohnehin ab, betonte sie - und verwies auch auf russische Öllieferungen an die USA. Eine Verbindung der Kritik am russischen Vorgehen gegen Nawalny mit der Pipeline lehnte sie ab. Ähnlich äussert sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Aussenminister Heiko Maas (SPD) ist zurückhaltender.

In Regierungskreisen heisst es, man erwarte von der neuen US-Regierung, dass sie zwar weiter kritisch sein, aber keinen Sanktionskurs gegen europäische Verbündete fahren werde. Allerdings kam der Druck auf US-Sanktionen gegen die an der Pipeline beteiligten Unternehmen schon zu Zeiten von US-Präsident Donald Trump eher aus dem Kongress. In deutschen Regierungskreisen wird auch darauf verwiesen, man habe mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine informelle Übereinkunft, dass er sich in der EU nicht frontal gegen das Projekt stemme, an dem unter anderem auch französische und österreichische Firmen beteiligt sind.

Mecklenburg-Vorpommern und die Länder

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), gehört zu den vehementesten Unterstützern des Projekts. Anlanden soll die Pipeline in dem nordöstlichen Bundesland - im übrigen im Wahlkreis der Kanzlerin. Wie Merkel lehnt auch Schwesig eine Verbindung anderer Sanktionen gegen Russland etwa wegen des Vorgehens in der Ukraine zu der Pipeline ab. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine breite, parteiübergreifende Mehrheit für das Projekt - und Empörung, dass der US-Kongress etwa dem Hafen Sassnitz, wo Rohre für den Pipelinebau lagern, mit Sanktionen gedroht hat.

Die SPD-Politikerin Schwesig ist damit aber nicht alleine. Auch die Landesregierungen in Bayern und Nordrhein-Westfalen mit einer hohen Industrieproduktion rücken nicht von Nord Stream 2 ab. Sie argumentieren, dass Deutschland angesichts des Ausstiegs aus Atomkraft und Kohle eine sichere Energieversorgung und möglichst vielfältige Gaslieferungswege brauche - inklusive LNG-Anlagen für Flüssiggas auch aus den USA. So argumentierte CSU-Chef Markus Söder. Und auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident, der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet, stellte sich am Samstag hinter das Projekt. Unterstützung kommt zudem von etlichen SPD- und auch Linken-Politikern.

Die Kritiker

Schon seit dem Bau von Nord Stream 1 gibt es grossen Widerstand etwa in Osteuropa, vor allem in der Ukraine und innerhalb der EU von Polen sowie die baltischen Staaten. Die Angst vor und Abneigung gegenüber Russland mischen sich mit der Furcht vor allem der Ukraine, wichtige Einnahmen aus dem Transit russischen Gases zu verlieren. Dazu kommt die Sorge, dass Lieferungen über die Ostsee Russland dazu verleiten könnte, im Konfliktfall die Gas-Versorgung über Landpipelines zu kappen. Südliche EU-Länder hatten Vorbehalte - aber auch, weil sie wie Bulgarien oder Italien aus eine Anbindung an russisches Gas über eine südliche Pipeline hofften. Kritik kommt auch aus Skandinavien - mal aus Umweltgründen, mal aus Ärger über ein als aggressiv empfundenes russisches Verhalten. Die USA warnen vor einer zu grossen Energieabhängigkeit Europas von Russland.

Das Europäische Parlament forderte vergangene Woche in einer Resolution mehrheitlich einen Stopp des Pipeline-Baus. Anders als die Unionspolitiker in Deutschland hat sich etwa auch der Fraktionsvorsitzende der konservativen EVP im EP, Manfred Weber (CSU), kritisch zu dem Projekt geäussert.

Am stärksten ist der Widerstand aber in der Opposition. Grünen-Chefin Annalena Baerbock etwa lehnt das Projekt aus verschiedenen Gründen an. Am Sonntag bezweifelte sie erneut zum einen die Grundannahme etwa Schwesigs und der Bundesregierung, dass Gas als Übergangsenergie in dem Masse nötig ist, dass eine weitere Pipeline überhaupt gebaut werden muss. Zum anderen zieht sie einen Zusammenhang zwischen der autoritär auftretenden russischen Regierung, dem Vorgehen gegen die Opposition und dem Pipelinebau. Nord Stream 2 spüle nur zusätzliche Devisen in die Kassen des russischen Regimes.

FDP-Chef Christian Lindner plädiert für einen Mittelweg wegen der Entwicklung in Russland und mit Blick auf die Ukraine. Zunächst solle ein Moratorium für den Weiterbau der Pipeline angeordnet werden - das je nach Entwicklung der Beziehungen mit Russland dann auslaufen könne.

(Reuters)