Die Landesregierung nahm an ihrer Sitzung am Freitag Kenntnis von der Empfehlung des Wirtschaftsdepartements (WBF) und des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek).

Rund 900 Zweistoff-Anlagen

Der Ukraine-Krieg und der Gaslieferstopp von Russland nach Europa könnten zu Versorgungsengpässen führen, begründete das WBF die Empfehlung. Der Bundesrat wolle alles tun, damit die Bevölkerung und die Wirtschaft im nächsten Winter mit genug Energie versorgt würden.

Analog zur EU will die Schweiz zwischen Oktober und März 2023 ihren Gasverbrauch um 15 Prozent reduzieren. Mit der Umstellung der Zweistoff-Anlagen von Gas auf Heizöl können in den Worten des WBF "schnell nennenswerte Mengen an Gas eingespart werden".

In der Schweiz gibt es rund 900 Zweistoff-Anlagen, wie beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zu erfahren war. Die meisten davon stehen in Industriebetrieben, einige auch bei Dienstleistungsunternehmen.

Grenzwerte angepasst

Mit Öl betriebene Zweistoff-Anlagen können die vorgeschriebenen Grenzwerte nicht immer einhalten, vor allem nicht bei Stickoxiden. Der Bundesrat hat deshalb die Luftreinhalteverordnung und die CO2-Verordnung angepasst. Vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2023 gelten für auf Öl umgestellte Zweistoff-Anlagen weniger strenge Grenzwerte für Stickoxid und Kohlenmonoxid.

Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Energieministerin Simonetta Sommaruga haben den Eigentümern von Zweistoff-Anlagen die Empfehlung in einem Brief mitgeteilt. Sie rufen im am Freitag veröffentlichten Schreiben zu Vorkehrungen für den Fall auf, dass der Bundesrat die Umstellung von Gas auf Öl anordnen müsste.

Dieser Brief ging an die Betreiber der 63 grössten Zweistoff-Anlagen, wie es beim BWL auf Anfrage hiess. Diese deckten etwa 65 Prozent der Gesamtleistung der insgesamt 900 Zweistoff-Anlagen in der Schweiz ab.

Nach vom BWL zitierten Angaben der Pflichtlagerorganisation Provisiogas lag der Verbrauch der Zweistoffanlagen 2020 bei 20 Prozent des Schweizer Erdgasverbrauchs. Stellten alle angeschriebenen Betreiber freiwillig auf Öl um, ergäbe dies eine Einsparung von schätzungsweise 13 Prozent, schrieb das BWL.

Das WBS macht in seiner Mitteilung auf nötige Vorbereitungen für die Umschaltung aufmerksam: Vor der Umstellung auf Öl muss der Brenner der Anlage gewartet werden. Zudem muss eine Fachperson die Emissionen messen und die Werte der zuständigen Behörde melden.

Für Anlagen mit einer Verminderungsverpflichtung für CO2 kann beim Bundesamt für Umwelt ein Gesuch um Nichtberücksichtigung der zusätzlichen Emissionen wegen der Umstellung eingereicht werden.

Zudem sollten die Öltanks voll sein. Bei vielen Zweistoff-Anlagen müssten beim Betrieb mit Öl die Tanks einmal oder mehrmals im Monat nachgefüllt werden, schreiben Parmelin und Sommaruga. Lieferengpässe und Verzögerungen wegen beschränkter Transportkapazitäten seien zu vermeiden. Generell wird empfohlen, die Heizöltanks füllen zu lassen.

Pflichtlager freigegeben

Weil die Transportkapazitäten für Mineralölprodukte zu Wasser und auf der Schiene beschränkt sind, werden die Pflichtlager für Autobenzin, Diesel- und Heizöl sowie Flugpetrol freigegeben. Dies gilt ab dem 3. Oktober. Schon zweimal griff die Landesversorgung in diesem Jahr auf die Mineralöl-Pflichtlager zurück.

Die Pflichtlager für Autobenzin, Dieselöl und Heizöl decken rund viereinhalb Monate des Normalverbrauchs ab, jene für Flugpetrol für rund drei Monate. Die Freigabe-Verordnung bleibt so lange in Kraft wie es die Lage erfordert. Die Pflichtlager für Mineralölprodukte wurden bereits in den Jahren 2005, 2010 und 2019 freigegeben.

(AWP)