Nachdem der Angriff Russlands auf die Ukraine die Aktienmärkte in Europa und Asien tief ins Minus gedrückt hat und Anleger auf die Sicherheit von Gold und Staatsanleihen setzen, stellt sich die Frage nach den weiteren Implikationen der Eskalation. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will ein weiteres Sanktionspaket vorstellen, das der Rat rasch verabschieden soll. Die EU stimmt ihre Reaktion mit G7 und Nato ab.
Analysten beurteilen die Lage wie folgt:
UBS
"Die erhöhte Volatilität als Folge der Eskalation des Konfliktes zeigt, dass die Märkte die Wahrscheinlichkeit einer schwereren Auseinandersetzung nicht voll eingepreist haben", schreibt Cheif Investment Officer Mark Haefele. Er erwarte weitere Volatilität in der kurzen Frist, während Regierungschefs ihre Antwort auf die Verschärfung der Lage abwägen und mitteilen würden.
Die UBS schlägt Investoren vor, ein diversifiziertes Portfolio beizubehalten und Rohstoffe als geopolitischen Hedge einzusetzen. Man müsse sich zudem für einen starken Dollar positionieren und auf Gewinner des globalen Wachstums setzen.
Russland habe ein vitales Interesse an Energie- und Rohstoffexporten in den Westen. 2020 seien 36,5 Prozent der russischen Importe und 37,9 Prozent der russischen Exporte Handel mit der EU gewesen. "Die Wichtigkeit dieser Handelsbeziehungen könnte gegen ein längerfristiges militärisches Engagement sprechen", schreibt die UBS.
Societe Generale
Die osteuropäische Zentralbanken müssten womöglich eine weitere Straffung der Geldpolitik in Betracht ziehen, um die Inflationserwartungen zu dämpfen, die infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine steigen könnten. "Höhere Energiepreise werden das Inflationsproblem weiter verschärfen, auch mit Blick auf die Inflationserwartungen."
Eurasia Group
"Angesichts der Schwere der russischen Massnahmen erwarten wir, dass die Politiker des Westens über ihre Worst-Case-Pläne hinausgehen werden", hiess es mit Blick auf die zu erwartenden Sanktionen gegen Moskau. Dies bringe den Ausschluss Russlands aus dem Swift- Finanzsystem ins Spiel, und die Nord-Stream-2-Pipeline werde auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt werden.
"Die Öl- und Gaspreise werden erheblich steigen, was den Inflationsdruck verstärken und die Finanzmärkte sowie das globale Wachstum belasten wird", schreiben die Analysten weiter. Obgleich westliche Regierungen Energiegeschäfte wahrscheinlich von den Sanktionen ausnehmen werden, werde die Flut neuer Beschränkungen viele Händler dazu zwingen, beim Handel mit russischem Öl äusserst vorsichtig zu sein.
Vanda Insights
"Mit der vollen Wucht von US- und EU-Sanktionen würden die russischen Energielieferungen nach Europa ins Fadenkreuz rücken". Der Anstieg der Rohölpreise habe möglicherweise gerade erst begonnen, da die vollen Auswirkungen auf die weltweite Öl- und Gasversorgung noch nicht absehbar und berücksichtigt sind. "Die OPEC+ verfügt über einige freie Kapazitäten, aber ob die Allianz es für klug hält, diese Kapazitäten anzuzapfen, und wie schnell sie die Fässer freisetzen könnte, ist die Frage."
IG Asia
Die Eskalation durch Russland "wird zu weiteren Abwanderungsbewegungen in sichere Anlagen führen, da die Situation angesichts der Vergeltungsmassnahmen der westlichen Mächte volatil bleiben wird". Die Aufwärtsrisiken für die Inflation hätten gerade zugenommen.
Kaleesuwari Intercontinental
"Die Agrarmarkt-Rally am heutigen Donnerstag basiert allein auf dem Russland-Ukraine-Konflikt", hiess es angesichts einer rund 6-Prozent-Verteuerung von Weizen und Preisanstiegen von rund 5 Prozent bei Mais und Sojabohnen. Die Preise könnten weiter steigen, bevor sie in den kommenden Wochen eine deutliche Korrektur erfahren.
(Bloomberg/cash)