Ermittlungen rund um den Globus, ein Zerwürfnis mit dem Sicherheitschef und massive Kurseinbussen an der Börse - Facebook gerät im Zuge des jüngsten Datenskandals immer stärker unter Druck. Im Mittelpunkt der Affäre steht der möglicherweise illegale Zugriff auf Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern durch die britische Datenanalysefirma Cambridge Analytica, die den Wahlkampf von US-Präsident Donald Trump vor zwei Jahren unterstützt hat. Sollte sich der Vorwurf erhärten, dürfte das Forderungen nach einer stärkeren Regulierung von Internetkonzernen wie Facebook noch einmal befeuern: Das weltgrösste soziale Netzwerk sieht sich schon länger Kritik ausgesetzt, den Datenschutz zu lax zu betreiben.

Anleger zeigten sich verunsichert. Sie befürchten schärfere Auflagen für Facebook, die es dem Konzern erschweren könnten, seine Werbemaschinerie am Laufen zu halten. Die Facebook-Aktie setzte am Dienstag ihre Talfahrt fort und büsste an der Wall Street mehr als sechs Prozent ein, nachdem sie zu Wochenbeginn bereits fast sieben Prozent verloren hatte. Mit zuletzt 162,16 Dollar markierten die Papiere den niedrigsten Stand seit September vorigen Jahres.

"Eine neue Qualität des Missbrauchs"

Bundesjustizministerin Katarina Barley forderte Facebook auf, zu erklären, wie es die Privatphäre seiner Nutzer künftig besser schützt. "Wenn die persönlichsten Interessen von Millionen Facebook-Nutzern für die Trump-Kampagne ausgeforscht wurden, dann ist das eine neue Qualität des Missbrauchs persönlicher Daten", sagte Barley der "Passauer Neuen Presse" (Mittwochausgabe). Die britische Datenschutzbehörde (ICO) will prüfen, ob Facebook nach dem Verlust der Daten entschlossen genug gehandelt und rechtzeitig informiert hat. Zugleich will sie einen Durchsuchungsbefehl gegen Cambridge Analytica erwirken.

Die US-Verbraucherschutzbehörde FTC wurde einem Agenturbericht zufolge genau wie die irische Datenschutzagentur auf den Plan gerufen. Die bundesweit für Facebook zuständige Hamburger Datenschutzbehörde kündigte an: "Ja, wir werden uns in dieser Frage an Facebook wenden." Von den rund 30 Millionen Facebook-Nutzern in Deutschland könnten mit hoher Wahrscheinlichkeit etliche betroffen sein.

Bei den FTC-Ermittlungen gehe es im Kern darum, ob das weltgrösste Internetnetzwerk der Firma Cambridge Analytica erlaubt habe, an einige Nutzerinformationen zu gelangen, obwohl dies gegen die Richtlinien verstosse, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Agentur Bloomberg. Cambridge Analytica weist die Vorwürfe zurück.

Die Firma unterstützte Trump im Wahlkampf 2016 und soll mit Hilfe von personalisierter Facebook-Werbung Wahlentscheidungen beeinflusst haben. So haben sich nach Informationen des britischen Fernsehsenders Channel 4 Manager von Cambridge Analytica damit gebrüstet, weltweit Wahlen mit Hilfe von digitaler Manipulation und politischen Täuschungen beeinflussen zu können. Facebook steht bereits im Visier von Behörden wegen russischer Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf über das Internet.

Gründer Zuckerberg schweigt

In Irland kündigte die zuständige Datenschutzbehörde an, bei Facebook nachzufassen, ob der Konzern die Nutzung von Daten durch App-Entwickler hinreichend kontrolliert. Wie viele andere US-Grosskonzerne hat Facebook seinen europäischen Hauptsitz in Irland. Europäische wie auch US-amerikanische Abgeordnete verlangten eine umgehende Erklärung, wie Cambridge Analytica an die Daten gelangt ist und warum Facebook es versäumte, seine Nutzer darüber in Kenntnis zu setzen. In den USA forderte unter anderem Senator John Kennedy Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf, dem Kongress zu den Aktivitäten seines Konzerns Frage und Antwort zu stehen. Er hat sich bisher selbst nicht zu dem Skandal geäussert.

Facebook hat nach eigenen Angaben Prüfer der Firma Stroz Friedberg engagiert. Diese sollen untersuchen, ob Cambridge Analytica weiterhin im Besitz der Daten ist. Am Montag seien die Prüfer in deren Londoner Büro gewesen. Konzernintern gibt es ebenfalls Bewegung: Insidern zufolge muss sich Facebook einen neuen Sicherheitschef suchen. Alex Stamos will das Unternehmen wegen Unstimmigkeiten im Umgang mit der mutmasslichen russischen Desinformationskampagne verlassen, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person Reuters. Die "New York Times" hatte zuerst darüber berichtet. Facebook wollte sich dazu nicht äussern.

(Reuters)