Nach dem überraschenden Einbruch des Goldpreises zu Beginn der Woche haben die Notierungen einen Erholungskurs eingeschlagen. Seit Mittwoch hat sich der Preis für eine Feinunze Gold vom Jahrestief bei 1322 Dollar gelöst und nähert sich wieder der 1400-Dollar-Marke.  Für Stephan Müller, Produkteverantwortlicher für Edelmetall-ETF bei Swiss & Global Asset Management, ist diese Entwicklung ein Indiz dafür, dass der jüngste Kurssturz "massiv übertrieben" war. 

Müller hat für den jüngsten "Flash Crash" des Goldes eine Erklärung bereit. "Solche Einbrüche werden von Trading-Maschinen ausgelöst", sagt er im cash-Börsen-Talk. Bei verschiedenen aufeinanderfolgenden Kursmarken – in der Händlersprache Stop Sell genannt – werden automatische Verkäufe ausgelöst. Dies führe immer wieder zu teils massiven Korrekturen. Solche Kursausschläge hätten aber nichts mit der fundamentalen Bewertung des Goldes zu tun, so Müller.

In den letzten 30 Jahren tauchte Gold nur fünfmal so stark wie in den letzten Tagen. Laut Müller sollten sich deshalb Anleger einen Einstieg überlegen. Denn üblicherweise rennen Anleger steigenden Kursen hinterher. Der Goldpreis hat  laut Müller auf dem Kursniveau bei 1400 Dollar Boden gefunden und dürfte mittelfristig wieder ansteigen. "Bis Ende Jahr sehe ich ein Preisniveau von gegen 1570 Dollar", sagt Müller.

Abverkauf von Notenbankgold unrealistisch

Als Goldkäufer sind in der Vergangenheit immer wieder die Notenbanken aufgetreten – letztmals vergangenes Jahr bei Kursmarken um 1500 bis 1600 Dollar. Laut Edelmetall-Profi Müller werden die Notenbanken auf dem aktuellen Kursniveau erneut Zukäufe tätigen. Befürchtungen, dass mehrere Notenbanken zwecks Schuldenabbau ihre Goldreserven veräussern, teilt der ETF-Fondsmanager nicht. Es sei kein "schlauer Move" der Notenbanken, wenn sie angesichts der schwachen Haushaltslagen tonnenweise Gold verkaufen würden. Zudem sei das Edelmetall das letzte Gut, das den Zentralbanken helfe, potenzielle Inflation zu managen, so Müller.

Zugleich warnt Müller, das aktuelle Preisniveau als gegeben hinzunehmen. Falls nämlich Anleger ihre Gelder verstärkt in anderen, lukrativeren Anlageklassen platzierten, dann werde Gold noch stärker unter Druck kommen.  Das globale Wirtschaftswachstum sei aber für ein solches Szenario noch schlicht zu schwach. Vereinzelt gebe es zwar Signale einer konjunkturellen Erholung, doch bei einer genaueren Betrachtung können die Zahlen oft nicht überzeugen, so Müller.

Nicht alle Goldanalysten teilen indes den Optimismus von Müller. Die Experten der Deutschen Bank gehen von weiterhin fallenden Notierungen aus. Gold sei keine zuverlässige Quelle von Gewinnen mehr wie in den vergangenen zwölf Jahren und dürfte deswegen gegen 1050 Dollar fallen, schrieb die Bank am Donnerstag in einem Marktkommentar. Auch die Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs senkten die Daumen bereits mehrmals für das gelbe Edelmetall und empfehlen es gar ein "Sell".

Silber als «Rasierklinge»

Silber ist in den letzten Tagen noch stärker unter Verkaufsdruck geraten als Gold. Anders als Gold ist Silber vor allem ein Industriemetall und deswegen starken zyklischen Schwankungen ausgesetzt. Entsprechend volatil verhält sich das sogenannte "Gold des armen Mannes." Müller bezeichnet Silber aufgrund seiner Volatilität als "Rasierklinge".

Die Silberpreise bewegten sich im vergangenen Jahr in einem sehr breiten Kursband zwischen 26 und 37 Dollar. Ähnlich volatil verhält sich das Edelmetall seit Jahresbeginn. Aus diesem Grund empfiehlt Müller, mögliche Silberinvestments durch professionelle Investoren managen zu lassen.

 

Mehr zu den Risiken und Chancen in Bezug auf Silberinvestments sagt Müller im cash-Börsen-Talk. Zudem nennt er seine Edelmetall-Favoriten und sagt, in welcher Reihenfolge und in welchem Umfang er investieren würde.