Die Debatte um ein Zurückfahren der Konjunkturhilfen seitens der US-Notenbank dürfte die Börsen in der neuen Woche in stürmische Gewässer manövrieren. Experten rechnen mit grösseren Kursschwankungen. Den Atem anhalten dürften Anleger vor allem wenn Fed-Chef Jerome Powell am Freitag bei der traditionellen Notenbanker-Konferenz in Jackson Hole vor die Mikrofone tritt.
Denn nach den jüngsten Sitzungsprotokollen der US-Notenbank gehen Börsianer davon aus, dass die Geldflut schneller abebben könnte als angenommen. Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner rechnet aber nicht mit neuen geldpolitischen Signalen, da die Federal Reserve die Rückführung ihrer Anleihekäufe bereits kommunikativ vorbereitet habe. "Es zeichnet sich der Beschluss für das Tapering im vierten Quartal ab und die Beendigung der Anleihenkäufe für Mitte 2022." Dennoch sind Börsianer nervös, denn das genaue Thema der Powell-Rede wird wie immer erst kurz vor der am Donnerstag beginnenden Veranstaltung bekanntgegeben.
Lieferkettenprobleme wiegen immer schwerer
Auch charttechnisch befinde sich der deutsche Leitindex in gefährlichem Terrain, sagt Analyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMc Markets. "Solange es nicht gelingt, die Hürde von 15'800 Zählern wieder zu überwinden, bleibt der Dax angeschlagen und jederzeit anfällig für einen grösseren Rutsch nach unten." Am Freitag schloss der deutsche Leitindex 15'808 Punkten. Der Wochenverlust beläuft sich auf 1,1 Prozent.
Noch eine Woche zuvor hatte der Index erstmals die Schallmauer von 16'000 Punkten durchbrochen. Wie es scheint habe der Dax damit seine letzten Kraftreserven aufgebraucht, fassten die Helaba-Strategen zusammen. Ohnehin fielen bei dem jüngsten Anstieg geringe Handelsumsätze und strukturelle Schwächen bei Dax-Unternehmen negativ auf.
"Darüber hinaus wurden bereits über einen längeren Zeitraum verschiedene Belastungsfaktoren ignoriert, zum Beispiel die Corona-Entwicklung und insbesondere die Lieferkettenproblematik." Letztere wurde Investoren spätestens durch den japanischen Autohersteller Toyota bewusst, der mit drastischen Produktionskürzungen aufgrund des Chip-Mangels in der Branche für Wirbel gesorgt hatte. Lieferschwierigkeiten sowie die Preissteigerungen bei Rohstoffen und Vorprodukten machen momentan Betrieben aus allen Bereichen zu schaffen.
Der Swiss Market Index schloss am Freitag bei 12'415 Punkten. Der Wochenverlust beläuft sich auf 0,4 Prozent.
Neue Corona-Welle im Blick
Mit bangem Blick verfolgen die Anleger auch wie sich die steigenden Corona-Fallzahlen auf die Konjunkturerholung auswirken könnten. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann die Politik die Corona-Beschränkungen wieder spürbar verschärfe, heisst es bei der Commerzbank. Darunter leiden dürften wieder vor allem die Dienstleister. Bei dem am Montag anstehenden Einkaufsmanagerindex für diesen Sektor im August dürfte sich das aber noch nicht bemerkbar machen.
Auf der Agenda stehen zudem am Mittwoch der Ifo-Geschäftsklima-Index in Deutschland sowie die Auftragseingänge langlebiger Güter aus den USA gefolgt vom US-BIP am Donnerstag. Zum Wochenschluss steht dann der Preisindex für US-Konsumausgaben an. Der Inflationsschub sollte im Juli Experten zufolge an Kraft verlieren. Die Kauflaune der Anleger dämpften zuletzt auch staatliche Eingriffe in die Privatwirtschaft in China. Es sei noch unklar, wie sich die jüngste Regulierungswelle auf die Unternehmen auswirken könne, sagen Börsianer.
Firmenbilanzen stehen nur noch sehr vereinzelt auf dem Wochenplan. In der Schweiz sind dies Aluflexpack und Bank Linth am Montag und Arbonia, Bossard, Flughafen Zürich, Von Roll, Intershop und Vetropack am Dienstag. Am Mittwoch folgen Allreal, Stadler Rail und Sensirion. Am Donnerstag präsentieren Givaudan, Asmallworld, Baloise, Evolva, Kudelski, Molecular Partners, SoftwareONE, SPS und Valartis ihre Zahlen. Am Freitag sind Perrot Duval und Repower an der Reihe.
(Reuters/cash)