Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), dem Nagel angehört, hatte auf seiner jüngsten geldpolitischen Sitzung am 10. März beschlossen, die milliardenschweren Anleihenkäufe der Notenbank schneller zurückzufahren als bisher geplant. Wann die Zinsen im Euroraum nach jahrelangem Rekordtief wieder steigen werden, liess Notenbank aber offen. Sie legte fest, dass ein Zinsschritt nicht automatisch nach dem Stopp des Kaufs frischer Wertpapiere erfolgen müsse.

"Bei aller Vorsicht angesichts der aussergewöhnlichen Unsicherheit: Verschleppen sollten wir den Ausstieg aus der sehr lockeren Geldpolitik nicht", sagte Nagel. "Sonst müssten die Zinsen später womöglich umso schneller oder höher steigen. Ein abrupter Zinsanstieg aber würde Unternehmen und Haushalte stärker belasten. Und er könnte bestehende Verwundbarkeiten im Finanzsystem aufdecken und starke Marktschwankungen auslösen."

Deutschlands Verbraucher müssen sich nach Nagels Einschätzung in nächster Zeit auf weiter steigende Preise einstellen: "Durch den Energiepreisschub aufgrund des Krieges dürfte sich der Verbraucherpreisanstieg vor allem kurzfristig nochmals spürbar verstärken." Stark steigende Preise belasteten besonders Menschen mit niedrigem Einkommen. "Um besonders betroffene Menschen ein Stück zu entlasten, sind gezielte Transfers sachgerecht", sagte Nagel. "Jedoch müssen wir im EZB-Rat entschlossen dafür sorgen, dass sich der starke Preisauftrieb nicht verfestigt und nicht zu einer überhöhten Inflation in der mittleren Frist führt."/ben/DP/jkr

(AWP)