Es sei fatal, wenn Regierungen davon ausgingen, am Ende stehe die Euro-Notenbank schon bereit, um günstige Finanzierungsbedingungen zu sichern, führte Nagel am Montag in einer Rede zu einer Finanzveranstaltung in Frankfurt aus.

"Entsprechend mahne ich auch zur Vorsicht, mit geldpolitischen Instrumenten Risikoprämien begrenzen zu wollen", sagte er. Es sei in Echtzeit so gut wie unmöglich, sicher festzustellen, ob eine Ausweitung der Renditeabstände (Spreads) fundamental gerechtfertigt sei. Die Notenbank gerate hier schnell in gefährliche Fahrwasser.

Die Renditen für Staatsanleihen der Euro-Länder waren im Zuge der erwarteten EZB-Zinserhöhungen kräftig gestiegen. Besonders deutlich legten die Renditen starkverschuldeter Euro-Staaten zu, was für sie höhere Finanzierungskosten bedeutet. Der Renditeabstand zwischen italienischen Staatstiteln und deutschen Bundesanleihen war zeitweise auf über 2,50 Prozentpunkte gestiegen, was der höchste Abstand seit 2020 war.

Der EZB-Rat war im Juni sogar zu einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung zusammengekommen. Dort beschlossen die Euro-Wächter unter anderem, rasch die Entwicklung eines neuen Werkzeugs abzuschließen. Mit diesem will die EZB gegen eine unerwünschte Ausweitung der Anleihe-Spreads vorgehen, was sie als "Fragmentierung" bezeichnet. Insidern zufolge hatte Nagel bereits auf der Sitzung seine Bedenken gegen die geplanten Stützungskäufe vorgebracht.

"Allenfalls in Ausnahmesituationen und unter eng gesteckten Voraussetzungen lassen sich ungewöhnliche geldpolitische Maßnahmen gegen Fragmentierung rechtfertigen", sagte Nagel weiter. Bei einem neuen Werkzeug müsse sichergestellt werden, dass dessen Einsatz den geldpolitischen Kurs nicht verändere. "Wäre dies der Fall, müssten gleichzeitig Maßnahmen ergriffen werden, die die Auswirkungen auf den geldpolitischen Kurs neutralisieren", erläuterte er. Es müsse zudem rein geldpolitisch begründet und verhältnismäßig sein.

Nagel zufolge sind auch ausreichende Garantien notwendig, damit das Instrument nicht in Konflikt mit dem Verbot der monetären Staatfinanzierung gerate. Mitgliedstaaten müssten weiterhin genügend Anreize für eine solide Haushaltspolitik haben, forderte er.

(Reuters)