Die Schweiz produziere nur etwa die Hälfte aller Nahrungsmittel selber, die im Inland konsumiert würden, schrieb der Bundesrat am Mittwoch zu seinem Entscheid und zur Eröffnung der Vernehmlassung. Bei Speiseölen und -fetten ist der Selbstversorgungsgrad noch tiefer.

Für die Zukunft vorsorgen

Die Covid-19-Pandemie, Witterungsbedingungen, Logistikprobleme weltweit oder auch der russische Angriff auf die Ukraine hätten Auswirkungen gehabt auf die Land- und Ernährungswirtschaft. Die Wirtschaft habe mit umfangreichen Massnahmen relevante Engpässe verhindert. Doch für die Zukunft gelte es vorzusorgen.

Neu will der Bundesrat mehr Getreide und mehr Speiseöle und -fette einlagern lassen. Beim Getreide sollen es gegen 50 Prozent mehr sein. Während heute die Pflichtlager 507'900 Tonnen enthalten müssen, sollen künftig 755'000 Tonnen an Lager sein müssen.

Bei den Speiseölen und -fetten beträgt die Erhöhung rund 25 Prozent, also von von derzeit 35'583 auf 44'000 Tonnen. Bei diesen Produkten sei die Schweiz sehr stark von Importen abhängig, schrieb der Bundesrat zur Neuausrichtung der Pflichtlager.

Kleiner werden sollen hingegen die Pflichtlager für als Futter verwendete Proteinträger - hier geht es primär um Sojaschrot. Das Pflichtlager soll von 75'000 auf noch 58'000 Tonnen reduziert werden. Diese Menge deckt den Durchschnittsbedarf von Schweinen und Geflügel während etwa zwei Monaten.

Geordneter Abbau von Tierbeständen

In einer schweren Mangellage könnten die Bestände von Schweinen und Geflügeln mit dem Vorrat geordnet abgebaut werden, wie der Bundesrat schreibt. Andere Nutztiere, etwa Rinder, sollen in einer Mangellage keine Proteinträger aus Pflichtlagern erhalten. Sie müssten dann mit Grünland-Erträgen und Proteinträgern wie beispielsweise einheimischen Rapskuchen gefüttert werden.

Kosten würden die grösseren Lagerkapazitäten jährlich rund 17 Millionen Franken. Dazu kommen einmalige Kosten für den Ausbau der Pflichtlager von 84 Millionen Franken. Verantwortlich für das Anlegen und Bewirtschaften der Notvorräte sind private Akteure, zum Beispiel Getreidemühlen.

Vernehmlassung eröffnet

Zurzeit gilt, dass die Schweiz in einer schweren Mangellage drei bis vier Monate lang vollständig aus Pflichtlagern versorgt werden soll. Auf dieses Niveau gesenkt wurden die Pflichtlager nach dem Kalten Krieg in den 1990er-Jahren, auf Grund der geringeren Risiken für die Versorgung. Während des Kalten Krieges hatten die Vorräte in den Pflichtlagern bis zu zwölf Monate lang reichen müssen.

Um die Pflichtlagermengen anzupassen, ist eine Verordnungsänderung nötig. Der Bundesrat hat dazu am Mittwoch eine Vernehmlassung bis zum 11. August 2023 eröffnet.

(AWP)