Im südchinesischen Technologiezentrum Shenzhen mussten am Dienstag weitere Geschäfte und Unternehmen schliessen. Schon seit Wochenbeginn ist der weltgrösste Elektronikmarkt Huaqiangbei in der auch als "Silicon Valley von China" bekannten Metropole dicht. In der Hafenstadt Dalian im Nordosten, die für die Einfuhr von Sojabohnen und Eisenerz wichtig ist, wurden die wichtigsten Bezirke mit rund drei Millionen Einwohnern bis Sonntag abgeriegelt. Haushalte dürfen nur noch eine Person pro Tag zum Einkaufen schicken. Arbeitnehmer sollen nach Möglichkeit ins Homeoffice wechseln, während Industriebetriebe unbedingt notwendige und dringende Arbeiten fortsetzen sollen.

"Die Finanzmärkte könnten in den nächsten Wochen erneut unter Druck geraten", warnten die Analysten des Finanzhauses Nomura vor den wirtschaftlichen Folgen der strengen Corona-Massnahmen. "Die Abschwungphase könnte schlimmer sein, als die Märkte zuvor erwartet hatten." Die Landeswährung Yuan wertete weiter ab zum Dollar, nachdem sie schon am Montag auf ein Zwei-Jahres-Tief gefallen war.

Gefahr für Lieferketten

Dem Kiel Institut für Wirtschaftsforschung (IfW) zufolge verschärfen schon kommunale Lockdowns die Engpässe in den globalen Lieferketten. Die derzeitigen Massnahmen in Shenzhen und weiteren Städten seien allerdings noch nicht vergleichbar mit dem einschneidenden Lockdown in Shanghai im Frühjahr. "Sollten die Covid-19-Fälle aber weiter steigen, könnte ein harter Lockdown gerade in und um Shenzhen Lieferketten und das Weihnachtsgeschäft belasten", warnte IfW-Handelsexperte Vincent Stamer. "Denn die Provinz Guangdong um die Metropolen Guangzhou und Shenzhen am Perlflussdelta ist die exportstärkste Provinz Chinas. Auch viele Konsumgüter für den deutschen Markt werden dort produziert."

Für den 29. August wurden nach offiziellen Angaben 1717 im Inland übertragene Covid-Infektionen gemeldet. Mehr als 20 Provinzen, Regionen und Gemeinden meldeten neue Fälle - die meisten in der Region Tibet, der Provinz Sichuan mit der Hauptstadt Chengdu und die Provinz Qinghai. Auch in Hongkong nehmen die Fälle zu. Regierungsberater gehen davon aus, dass die Zahl der Infektionen in dieser Woche auf 10'000 pro Tag steige könnte.

Die Regierung in Peking hat bereits verstärkte Investitionen in die Infrastruktur angekündigt, um die schwächelnde Wirtschaft anzukurbeln. Ökonomen gehen davon aus, dass die nach den USA zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt in diesem Jahr nur um etwa vier Prozent wachsen wird.

(Reuters)