Auslöser der drastischen Schritte sind der Einbruch der Ticketnachfrage und die internationalen Reisebeschränkungen infolge der Ausbreitung des Coronavirus. "Unsere Airlines erhalten inzwischen jeden Tag mehr Stornierungen als Buchungen", hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Freitag in einer Videobotschaft an die Mitarbeiter gesagt.

Der Konzern streicht sein Flugprogramm für die kommenden Wochen daher um bis zu 70 Prozent zusammen. Mehr als zwei Drittel der Flugzeuge stehen dann am Boden. Auch wenn das tatsächliche Ausmass der Belastungen noch nicht absehbar ist, rechnet das Management damit, dass der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) im laufenden Jahr "deutlich" sinken wird.

Schon 2019 brach das Ergebnis des Dax-Konzerns auch wegen des harten Preiskampfs im Europageschäft nach vorläufigen Zahlen um fast 29 Prozent auf 2,03 Milliarden Euro ein. Damit erreichte die Lufthansa gerade noch ihre eigene Prognose, die sie vergangenen Juni auf 2,0 bis 2,4 Milliarden Euro gekappt hatte. Ausführliche Zahlen will der Konzern am 19. März vorlegen.

Finanzielle Situation besser als erwartet

Damit die Lufthansa die Krise übersteht, sollen nicht nur die Aktionäre auf die Dividende für 2019 verzichten. Das Unternehmen hat sich auch neue Kredite in Höhe von 600 Millionen Euro gesichert. Damit verfüge der Konzern über flüssige Mittel von rund 4,3 Milliarden Euro, hiess es. Hinzu kämen ungenutzte Kreditlinien von rund 800 Millionen Euro.

Damit ist die finanzielle Situation des Konzerns deutlich besser als es zum Beispiel der renommierte Luftfahrt-Experte Daniel Roeska vom Analysehaus Bernstein erwartet hatte. Die gestrichene Dividende ist für ihn dagegen angesichts der jüngsten Entwicklung keine Überraschung.

Um die Kasse weiter zu füllen, will der Konzern auch Flugzeugfinanzierungen nutzen. 86 Prozent der rund 780 Flugzeuge starken Flotte befänden sich im Eigentum der Lufthansa, davon seien knapp 90 Prozent unbelastet von Krediten. Das entspreche einem Buchwert von 10 Milliarden Euro. Spohr hatte sich am Freitag sicher gezeigt, dass die Lufthansa die schwierige Situation finanziell "auf jeden Fall länger" durchstehen könnte als andere Airlines. Diese Einschätzung teil Bernstein-Analyst Roseka.

Staatshilfe ist eine Option

Für den Fall, dass die Krise noch schlimmer wird oder länger dauert, lotet die Lufthansa sogar die Chance auf Staatshilfe aus. Der Vorstand habe sich angesichts "dieser bisher unbekannten Herausforderung daher entschieden, mit den Regierungen unserer Heimat-Länder nicht nur wie bisher über den Abbau von Belastungen zu sprechen, sondern auch über aktive Unterstützungen, sobald diese notwendig werden", sagte Spohr. Einem Sprecher zufolge gibt es Gespräche mit Österreich, Belgien und der Schweiz, wo der Konzern mit seinen Tochtergesellschaften Austrian, Brussels und Swiss vertreten ist.

Von einer Staatsbeteiligung will man in Lufthansa-Kreisen aber angesichts der hohen Liquiditätsreserven nichts wissen. Dass mögliche Hilfen unterhalb einer Beteiligung über die Frankfurter Staatsbank KfW organisiert werden könnten, blieb aber zumindest unwidersprochen. Unterdessen kürzt die Lufthansa ihre laufenden Ausgaben und versucht Investitionen zu verschieben. Für einen Teil der Belegschaft soll Kurzarbeit beantragt werden.

Spohr rief die Mitarbeiter zu Solidarität und Verzicht auf, "um die Zukunft der Lufthansa-Gruppe zu sichern". Ziel sei, möglichst alle Beschäftigten an Bord zu halten. Die Führungsspitze der spielt zudem bereits Möglichkeiten durch, wie sie Teile des Flugbetriebs im Extremfall zeitweise stilllegen könnte. Spohr nannte "auch potenzielle temporäre Schliessungen" von Flugbetrieben oder einzelner Drehkreuze. Als Drehkreuze - sogenannte Hubs - gelten bei der Lufthansa die grossen Flughäfen in Frankfurt, München, Wien und Zürich.

(AWP)