"Man kann es drehen und wenden, wie man will: Irgendwann muss man fertig werden mit diesem Virus", sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch vor den Medien in Bern. Die Zeichen dafür stehen gut. Die epidemiologische Lage entspannt sich. Am Mittwoch wurden erstmals seit Oktober unter tausend Coronavirus-Fälle innert 24 Stunden registriert.

Es sei beruhigend, dass die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen trotz der Öffnungsschritte seit März weiter sinke, sagte Berset. "Unsere Strategie funktioniert."

Dieser positiven Entwicklung hat der Bundesrat nun Rechnung getragen. Der nächste Öffnungsschritt ab dem 31. Mai wird grösser als zunächst vorgesehen. Die Regierung kommt den Forderungen vieler Kantone und weiter Teile der Wirtschaft grösstenteils nach.

Lockerungen in fast allen Bereichen

Ab der kommenden Woche können Restaurants wieder Gäste in Innenräumen bewirten. Terrassen waren bereits seit Mitte April wieder geöffnet. Am Tisch muss keine Maske getragen werden. Die Sperrstunde zwischen 23 und 6 Uhr wird aufgehoben.

Gleichzeitig werden für Publikumsanlässe wieder mehr Zuschauer zugelassen. In Innenräumen sind neu 100 statt 50 und in Aussenräumen gar 300 statt 100 Personen erlaubt. Auch Privatveranstaltungen - etwa ein Hochzeit oder ein Geburtstagsfest - dürfen wieder grösser werden: Statt 10 dürfen sich 30 Menschen in Innenräumen treffen, statt 15 sind es 50 im Freien.

Im Amateurbereich erlaubt der Bundesrat Mannschaftssportarten bereits ab Montag wieder einen geregelten Spielbetrieb. Neu dürfen 50 Personen wieder gemeinsam Sport treiben, was unter anderem Fussballspiele wieder möglich macht.

Auch Hallen- und Thermalbäder sowie Wellnesseinrichtungen dürfen wieder öffnen. An Hochschulen und in der Erwachsenenbildung wird die Kapazitätsbeschränkung für Präsenzveranstaltungen aufgehoben. Laut dem Bundesrat wird zudem die Homeoffice-Pflicht in eine -Empfehlung umgewandelt - jedoch nur für Betriebe, die einmal pro Woche testen. Schliesslich werden neu auch Geimpfte und Personen unter 16 Jahren für sechs Monate von der Kontaktquarantäne und der Reisequarantäne ausgenommen.

Laute Fangesänge ab August

Den aktuellen Öffnungsschritt bezeichnete Berset als "substanziell". Praktisch alle Aktivitäten seien - teilweise mit Einschränkungen und Schutzkonzepten - wieder möglich. Geschlossen bleiben Discos und Clubs. Auch ihnen wolle der Bundesrat aber Perspektiven bieten. Laut dem Bundesrat soll noch vor dem Sommer "ein weiterer, ebenfalls grösserer Öffnungsschritt" folgen. Am 23. Juni will der Bundesrat einen Entscheid dazu fällen.

Schon ab der kommenden Woche dürfen einige Grossveranstaltungen mit bis zu 1000 Menschen im Freien und 600 in Innenräumen stattfinden. Anfang Juli sollen die Zahlen auf 5000 draussen und 3000 drinnen steigen - alles unter Auflagen und Einhaltung von Schutzkonzepten.

Nach den neuen Plänen sollen ab 20. August auch wieder Fussballspiele mit grossem Publikum möglich sein: Bei Anlässen mit Sitzplätzen soll die Höchstzahl der Besucher aufgehoben werden. Bisher hatte der Bundesrat stets von maximal 10'000 Zuschauern ab September gesprochen.

Die Grenze von 10'000 zugelassenen Sitzplatzzuschauern gilt nach aktuellem Stand weiterhin für Anlässe im Innern, also zum Beispiel für Eishockeyspiele. Zutritt zu den Stadien im Innern und Freien erhalten aber ausschliesslich Personen, die geimpft, genesen oder negativ getestet worden sind.

Bundeshilfe schrittweise zurückfahren

Um die Durchführung von Anlässen mit überregionaler Bedeutung zu unterstützen, hatte das Parlament in der Frühlingsession einen "Schutzschirm" eingeführt. Im Fall einer kurzfristigen Absage von Veranstaltungen aufgrund der epidemiologischen Lage beteiligen sich Bund und Kantone an den ungedeckten Kosten. Nun hat der Bundesrat nach der Konsultation Franchise und Selbstbehalt reduziert.

Längerfristig will der Bundesrat schrittweise aus den ausserordentlichen Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft aussteigen. Für die Milderung der Folgen der Corona-Pandemie hat der Bund bisher Ausgaben von knapp 40 Milliarden Franken beschlossen. Die Corona-Erwerbsausfallentschädigungen stehen bis Ende 2021 zur Verfügung, wie der Bundesrat mitteilte. Die Kurzarbeitsentschädigungen bleiben über 2021 hinaus erhalten. Entscheiden wird darüber letztlich das Parlament.

Am Mittwoch fielen die Reaktionen auf die Entscheide des Bundesrats weitgehend positiv aus. Die Öffnungsschritte seien positiv und vertretbar, lautete der Tenor von links bis rechts.

(AWP)