Bestürzung, Entsetzen, Erschütterung, Fassungslosigkeit, Konsternation: So fasste Thomas Matter (SVP/ZH) am Dienstagabend zu Beginn der allgemeinen Aussprache die Stimmung in der Bevölkerung zusammen - rund drei Wochen nach der Rettung der Grossbank Credit Suisse. Es gebe einen Vertrauensverlust in der ganzen Welt.

"Wir müssen feststellen, dass unser Land ausser Stande ist, seinen Finanzplatz zu schützen und zu verteidigen", so Matter. Es sei nun endlich dafür zu sorgen, dass es keine Bank mehr gebe, deren Konkurs der Staat verhindern müsse. Zur Verantwortung gezogen werden müsse auch das Management der CS.

Thomas Aeschi (SVP/ZG) nahm auch den Bundesrat und die Finanzmarktaufsicht (Finma) ins Visier. "Sie haben ihre Aufgaben nicht gemacht." Auch deshalb brauche es eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK), um das Debakel aufzuarbeiten.

Auf dem Buckel der Steuerzahlenden

"2008 war eine Tragödie, 2023 ist eine Farce", sagte Cédric Wermuth (SP/AG). Dass die Politik nichts aus den Fehlern in der Finanzkrise gelernt habe, sei fahrlässig. Dass Finanzministerin Karin Keller-Sutter dem Management der CS an der historischen Medienkonferenz vom 19. März noch gedankt habe, sei irrsinnig.

Als "unglaublich" bezeichnete Mattea Meyer (SP/ZH) den Umstand, dass die Staatsgarantien zugunsten der neuen Megabank ganz ohne Bedingungen beschlossen worden seien. "Die Steuerzahlenden tragen die Risiken, die Topbanker können abkassieren." Es gehe nun darum, verbindlich höhere Leitplanken für den Bankenplatz zu beschliessen.

"Wiederholtes Managementversagen"

Die "Too big to fail"-Regeln seien gescheitert, bilanzierte Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS). Es brauche künftig neue Regeln für mehr Eigenkapital, ein Boni-Verbot bei Verlusten und griffigere Instrumente für die Aufsicht. Zudem müsse das CS-Topmanagement zur Verantwortung gezogen werden.

Bevor aber verbindliche Aufträge an den Bundesrat erteilt würden, brauche es eine neue Finanzmarktstrategie. Das Credo dabei müsse sein: "Die Politik soll nicht nur das machen, was die Banken wollen."

Lilian Studer (EVP/AG) kritisierte das "wiederholte Managementversagen" bei der CS. Es brauche nun eine "schonungslose, selbstkritische Reflexion aller Beteiligten". Der Risiko- und Boni-Appetit müsse aufhören. "Einfach weiterfahren wie bisher, dies können und dürfen wir nicht."

FDP zurückhaltend mit Kritik

Die FDP nahm ihre Finanzministerin und den Bundesrat am meisten in Schutz. "Wenn die CS nicht gerettet worden wäre, hätte dies einen Tsunami auf den Finanzmärkten ausgelöst", sagte Damien Cottier (FDP/NE). Die Regierung habe gut gehandelt. Die Anwendung von Notrecht sei alternativlos gewesen.

Doch auch für die FDP müssen die "Too big to fail"-Regeln überdacht werden. Daniela Schneeberger (FDP/BL) plädierte für eine "saubere Auslegeordnung" und warnte vor Schnellschüssen. Klar sei aber, dass das CS-Management zur Verantwortung gezogen werden müsse.

"Laisser-faire-Politik hat versagt"

Gerhard Andrey (Grüne/FR) sprach von einem "Affront für die Bevölkerung". Es dürfe nun nicht bei der Empörung bleiben, sondern es brauche Entscheide über den Wahltermin hinaus.

"Die bürgerliche Laisser-faire-Politik hat versagt", hielt Franziska Ryser (Grüne/SG) fest. Die "Kultur der kollektiven Verantwortungslosigkeit" müsse ein Ende finden. Heute sei es wie im Casino: "Am Ende gewinnt immer die Bank."

Schliesslich ergriff Jürg Grossen (GLP/BE) das Wort. In den Augen seiner Fraktion ist das Debakel auf mehrfaches Versagen zurückzuführen. "Verantwortlich ist insbesondere die CS-Spitze." Die fehlbaren Manager sollten ihre Boni zurückzahlen.

Eine nicht unbedeutende Verantwortung habe aber auch die Finma und der Bundesrat. Sie hätten zu wenig vorausschauend gehandelt. Die anstehenden Entscheide müssten aber mit klarem Kopf gefällt werden und nicht mit Wut und Frustration im Bauch. Alle seien gefordert.

(AWP)