Das Bundesamt für Justiz hat die Auslieferung auf ein Gesuch des Justizministeriums Hessen und Nordrhein-Westfalen hin am 20. August bewilligt. Der Anwalt befindet sich derzeit in Auslieferungshaft. Ein Gesuch um Entlassung wies das Bundesstrafgericht wegen Fluchtgefahr Anfang August ab.
Die deutschen Behörden führen gegen den Anwalt und weitere Personen ein Strafverfahren. Die Beteiligten sollen in den Jahren 2006 bis 2013 Aktien um den Dividendenstichtag herum mehrmals verschoben haben. So erhielten sie Bescheinigungen, mit denen sie Rückerstattungen beim deutschen Staat geltend machen konnten. Durch diese Leerverkäufe erstattete der Staat mehrmals eine nur einmal bezahlte Steuer zurück.
Wie aus dem Entscheid der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hervor geht, geht es im hessischen Strafverfahren um ungerechtfertigte Steuerrückerstattungen von total 113 Millionen Euro (118 Mio Franken). In Nordrhein-Westfalen sollen mittels der Aktien-Verschiebungen insgesamt 279 Millionen Euro (291 Mio Franken) erwirkt worden sein. Davon soll der beschuldigte Anwalt 27 Millionen Euro (28 Mio Franken) für sich bezogen haben.
Lücke ausgenutzt
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist das Bundesstrafgericht zum Schluss gelangt, dass die Bedingungen für eine Auslieferung erfüllt sind - unter anderem das Kriterium, wonach die vorgeworfenen Taten in beiden Staaten strafbar sein müssen.
Wie aus dem Entscheid hervorgeht, bestreitet der Anwalt, dass die gegenüber dem Staat geltend gemachten Rückerstattungsansprüchen rein fiktiv gewesen seien. Eine "systemwidrige Inanspruchnahme von Steuervorteilen durch Ausnutzen einer Lücke" begründet laut dem Beschuldigten ausserdem keine Arglist. Es handle sich lediglich um ein "unqualifiziertes Verschweigen". Auch seien die deutschen Steuerbehörden nicht irregeführt worden.
Berger ist ein früherer Finanzbeamter und war zum Tatzeitraum als Anwalt und Steuerberater tätig. Laut den deutschen Behörden soll er das Finanzmodell für reiche Privatkunden entwickelt und zusammen mit weiteren Angeklagten umgesetzt haben. Nach aussen habe er die Geschäfte als rechtlich unbedenklich dargestellt.
Für eine Firma, die eigens für das konstruierte Handlungsmuster gegründet wurde, soll er mehrere Gutachten erstellt haben. Diese sollen dazu gedient haben, den Geschäften einen legalen Anstrich zu geben. (Entscheid RR.2021.200 vom 20.12.2021)
(AWP)