Die Schweizerische Nationalbank (SNB) beliess vor Wochenfrist den Negativzins bei minus 0,75 Prozent. Sie folgte damit nicht dem Entscheid der Europäischen Zentralbank, die zuvor den Zins für den Euroraum weiter abgesenkt hatte.

Damit wurde die Zinsdifferenz zwischen den Währungsräumen kleiner und der Franken für Investoren attraktiver - zumindest auf dem Papier. Denn anders als allgemein erwartet hat sich der Schweizer Franken gegen den Euro in den letzten Tagen nicht deutlich aufgewertet. Er bewegt sich seit dem SNB-Entscheid rund um die Marke von 1,0900. 

Thomas Flury, langjähriger Devisenexperte bei der UBS, bezeichnet den Zinsentscheid im cash-Talk denn auch als "Experiment der SNB, das bislang gut gegangen ist". Die SNB könne an der Währungsfront nun ein wenig toleranter sein und die Interventionschwelle weiter nach unten setzen, sagt Flury. Vor dem Zinsentscheid war die SNB laut Flury bei Marken von 1,8050 und nahe 1,8000 am Devisenmarkt aktiv. Das heisst, sie kaufte Euro, um den Franken nicht weiter aufwerten zu lassen.

Der Markt traut der SNB nicht über den Weg

Allerdings trauen die Investoren der SNB nicht so recht über den Weg. Flury beobachtet, dass Marktteilnehmer lange Investments in den Franken derzeit vermeiden. Denn im Markt herrsche die Meinung vor, dass die SNB letzte Woche "bloss das Feld vorbereitet hat für eine weitere Zinsabsenkung".

Wo und wann die SNB dazu bereit ist - das ist die grosse Frage am Devisenmarkt. Sehr viele Marktteilnehmer sehen die Schwelle bei 1,05 Franken pro Euro. Laut Flury hängt ein Zinsschritt der SNB von der Schnelligkeit einer möglichen Frankenaufwertung ab. Grundsätzlich müsse sich die SNB aber auch die Frage stellen, ob die nächste Zinssenkung nicht auch die letzte sei, welche die Nationalbank überhaupt noch durchführen könne.

Der Hintergrund dabei: Die Negativzinsen belasten das Schweizer Finanz- und Vorsorgesystem immer deutlicher, und daher steigt auch die Kritik und der politische Druck auf die SNB. Ebenso wird die Wirksamkeit von Negativzinsen zur Bekämpfung einer starken Landeswährung angezweifelt. Die SNB, das zeigte sich vor iner Woche, wägt den Nutzen und die Kosten der Negativzinspolitik heute stärker ab als zuvor.

In den nächsten Monaten rechnet die UBS mit einer leichten Franken-Aufwertung. Zum Euro sieht sie den Franken bei 1,07. Zum Dollar wird die Schweizer Währung auf 95 Rappen (derzeit rund 99 Rappen) gehen. Grund sind die voraussehbaren  Leitzinssenkungen der US-Notenbank. "Der Zinsvorteil des Dollar, der ihn exklusiv machte in den letzten Jahren, wird abnehmen", so Flury.

Im cash-Börsen-Talk äussert sich Thomas Flury auch zu einer möglichen Parität Euro-Franken, zu Gefahren eines Währungskrieges und zu den US-Vorwürfen, die Schweiz sei ein Währungsmanipiulator.