Im Gegenteil: Die Ausfuhren in die 13 Mitgliedsstaaten des Ölkartells - von Algerien über Saudi-Arabien bis hin zu den Vereinigten Arabischen Emiraten - sind im ersten Halbjahr sogar leicht gesunken. Sie gaben von Januar bis Juni um 0,1 Prozent auf knapp 9,5 Milliarden Euro nach, wie aus Reuters am Freitag vorliegenden Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Zum Vergleich: Die gesamten deutschen Exporte sind in der ersten Jahreshälfte trotz Ukraine-Kriegs, hoher Inflation und Materialengpässen um mehr als 13 Prozent gestiegen.

Die sprudelnden Deviseneinnahmen aus dem Ölverkauf ("Petro-Dollar") führten in der Vergangenheit oftmals dazu, dass die deutsche Wirtschaft einen Teil der für sie gestiegenen Energiekosten wieder hereinholten - nämlich in Form von mehr Aufträgen aus den Ölförderstaaten für Autos, Maschinen und andere Produkte. Dies wird als Petro-Dollar-Recycling bezeichnet. "Wichtige Exportgüter - beispielsweise Autos - können aufgrund der als Folge der Lieferengpässe reduzierten Produktion nicht zeitnah geliefert werden", nannte IfW-Handelsexperte Klaus-Jürgen Gern einen Grund für das bislang stagnierende Geschäft mit den Opec-Staaten.

Geld für den Kauf von Waren "Made in Germany" ist bei den Opec-Ländern ausreichend vorhanden. Die weltweit anziehenden Energiepreise lassen etwa den Gewinn des saudiarabischen Ölkonzerns Aramco kräftig steigen: Das staatlich kontrollierte Unternehmen wies für das zweite Quartal einen Anstieg des Nettoergebnisses von 90 Prozent auf 181,64 Milliarden Riyal (rund 47,2 Milliarden Euro). Dafür sorgten neben den gestiegenen Ölpreisen auch höhere Verkaufsmengen und Raffineriemargen. Aramco profitiert wie die Konkurrenz davon, dass die Erdöl- und Erdgaspreise Mehrjahreshöchststände erklommen, nachdem die westlichen Sanktionen gegen den wichtigen Exporteur Russland den ohnehin schon angespannten Energie-Weltmarkt weiter unter Druck gesetzt hatten.

IfW-Experte Gern hält es für möglich, dass die Bestellungen aus den Opec-Staaten künftig anziehen. "So hat die Nachfrage von dort in der Vergangenheit bei Ölpreisanstiegen in der Regel erst mit Verzögerung reagiert", sagte der Ökonom. "Konsolidierungsprozesse, die in der Phase der Preisschwäche eingeleitet wurden, laufen zunächst weiter - und neuerliche Investitionsbeschlüsse brauchen Zeit, bis sie zu Orders führen."

(Reuters)