"Der Protektionismus wird unter einem Präsidenten Biden nicht weniger sein als unter Donald Trump", sagte der designierte Präsident des Bundesverbands Grosshandel, Aussenhandel und Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, in einem am Freitag veröffentlichten Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Auch die Demokraten sind keine grossen Freunde eines liberalen Welthandels. Trump redet nur lauter."
Der republikanische Amtsinhaber, der mehrere Handelskonflikte vom Zaun gebrochen und immer wieder mit Strafzöllen auf deutschen Autos gedroht hat, stellt sich am 3. November zur Wiederwahl und trifft dabei auf seinen Rivalen Biden von den Demokraten. "Wir sollten uns davon verabschieden, alle Probleme mit den USA in die Schuhe von Trump zu schieben", sagte Börner. "Wir haben es eher mit einem langfristigen Trend zu tun, dass Amerika mehr auf sich schaut."
Besonders der Konflikt zwischen den den beiden weltgrössten Volkswirtschaften USA und China werde Deutschland "noch viele Jahre massiv beschäftigen". "Verheerend wäre es, wenn die USA diejenigen bestrafen, die mit China handeln", sagte Börner, der den Aussenhandelsverband von 2000 bis 2017 leitete und vom BGA-Präsidium einstimmig für die Wiederwahl am 1. Oktober nominiert wurde. "Das würde die deutsche Wirtschaft massiv belasten." Europa müsse hier zusammenstehen. Deutschland allein sei zu schwach, um sich politisch gegen die beiden Weltmächte durchzusetzen. "Die EU dagegen ist ein Riesenmarkt und ein grosser Finanzblock, der sich nicht so einfach hin und her stossen lässt", sagte Börner.
«Kein Interesse an Durchbruch»
An ein transatlantisches Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA glaubt Börner nicht mehr. "Die Amerikaner haben kein echtes Interesse an einem Durchbruch, unter Trump sowieso nicht", sagte Börner, dessen Verband die Interessen von 150.000 Unternehmen vertritt. Strafzölle - mit denen der amtierende US-Präsident immer wieder droht - erwartet der Experte aber auch nicht. "Geplänkel hat es hier immer gegeben, das nehme ich nicht so richtig ernst", sagte er. "Die Amerikaner werden es nicht wagen, hier massiv einzugreifen. Das wäre ungeschickt, denn sie würden viel Geld verlieren. Sie brauchen den riesigen europäischen Markt und Europa als Alliierten."
Die USA sind seit Jahren wichtigster Abnehmer von Waren "Made in Germany". 2019 setzte die deutschen Exporteure dort fast 199 Milliarden Euro um. Wichtigster Handelspartner ist allerdings China. Der gesamte Warenaustausch mit der Volksrepublik - also Ex- und Importe zusammen - summierte sich im vergangenen Jahr auf fast 206 Milliarden Euro.
Ob die Volksrepublik die USA in den kommenden Jahren als grössten Exportmarkt ablösen, hält der BGA für offen. "Das ist sehr abhängig davon, wie sich die USA entwickeln und deren Verhältnis zu China", sagte Börner angesichts der zunehmenden Konflikte zwischen beiden Supermächten. "Wenn die Amerikaner die Keule rausholen und eine Sanktionsliste beschliessen gegen alle, die mit der Volksrepublik handeln, dann sähe es düster aus. Ich kann nur den Europäern raten, auf Vernunft zu pochen und sich als Vermittler zu engagieren."
(Reuters)