"Wenn uns bestimmte Branchen zeigen, sie können Hygiene- und Abstandsregeln durchsetzen, dann können die Bereiche wo das geht auch wieder anfangen in den Alltag zurückkehren", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Sonntag "Bild TV". Mehrere Ministerpräsidenten warben für Geduld, während NRW-Regierungschef Armin Laschet Kriterien für ein Wiederanfahren der Wirtschaft entwickeln liess. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte "ein Signal, wie der Einstieg in eine schrittweise Normalisierung ausfallen könnte".
Kommenden Mittwoch soll unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel entschieden werden, ob die Kontakteinschränkungen gelockert werden können. Merkel hat erklärt, ein wichtiger Anhaltspunkt werde ein Gutachten der Forschergemeinschaft Leopoldina sein. Der "Spiegel" berichtete, nach den Vorstellung der Wissenschaftler könnte der Schulunterricht in den nächsten Wochen wieder aufgenommen werden. Die Öffnung solle sich zunächst auf die Älteren beschränken. Nach dem Bericht plädieren die Forscher auch für den Gebrauch von Atemschutzmasken.
Experten nennen vier Bedingungen für Lockerungen
Wie die Leopoldina-Forscher forderte auch der Städte- und Gemeindebund flächendeckende Coronavirus-Tests als Voraussetzung für eine Lockerung der Schutzmassnahmen. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) berichtete, ein Expertenbericht im Auftrag von Laschet nenne vier Kriterien. Es müsste bestimmt werden wo die Gefahr einer Ansteckung besonders hoch sei. Zudem müsse geklärt werden, für wen eine Ansteckung besonders gefährlich sei und was für Wirtschaft und Gesellschaft besondert wichtig sei. Schliesslich müsse beurteilt werden, wie gut sich im jeweiligen Bereich Schutzmassnahmen umsetzen liessen. Die NRW-Experten fordern nach dem Bericht, Bildungseinrichtungen sollten so schnell wie möglich schrittweise wieder öffnen.
Bayerns Regierungschefs Markus Söder dämpfte Hoffnungen, in Kürze würden die Kontaktbeschränkungen abgebaut: "Es wird auch nach den Osterferien nicht einfach so weitergehen können wie vorher. Wer zu früh lockert, riskiert einen Rückfall." Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte der FAS, es hänge von der Zahl der Infizierten, Testkapazitäten, medizinischen Personal und Zahl der Intensivbetten ab. Ähnlich wie Kretschmann sagte der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer dem Blatt: "Solange es nötig ist, müssen wir durchhalten."
DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagte, Unternehmen bräuchten Anhaltspunkte, wie es weitergehen werde. Ein solcher Horizont sei für die Unternehmensfinanzierung von enormer Bedeutung. "Denn die Firmen müssen auch Geldgebern eine Perspektive bieten können." Wirtschaft und Politik müssten darüber sprechen, wie sie Gesundheitsschutz mit Massnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft verbinden könnten. Berater der Bundesregierung - die sogenannten Wirtschaftsweisen - sprachen sich gegen starre Öffnungen und Schliessungen einzelner Branchen aus. Die Politik sollte klare Regeln vorgeben, schrieben die fünf Ökonomen in einem Gastbeitrag für die FAS. "Unternehmen und Einrichtungen könnten wieder öffnen, wenn sie die Richtlinien einhalten."
(Reuters)