"Das ist ein historischer Schritt, der die Allianz im Ganzen stärkt und mehr Sicherheit in und für Europa bedeutet", sagte Scholz über die Aufnahme Finnlands in die Militärallianz. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem "historischen Ereignis für unsere Region" und sagte in seiner abendlichen Videoansprache: "Das Bündnis wird an seiner Ostflanke stärker." Nur kollektive und präventive Sicherheitsgarantien wie die Nato-Mitgliedschaft seien verlässlich, das habe der russische Angriff auf die Ukraine gezeigt. "Die Geschwindigkeit von Sicherheitsentscheidungen ist wichtig, und jetzt sehen wir, wie schnell die Verfahren sein können."

Russland sieht Nato-Erweiterung als Provokation

Im Kreml wird die Erweiterung der Militärallianz um ein russisches Nachbarland als Provokation aufgefasst. Die Staatsagentur Tass zitierte Vizeaussenminister Sergej Gruschko mit den Worten, jeder "verantwortungsbewusste Generalstab" könne auf verschiedene Szenarien reagieren. "Dazu gehören Szenarien, die den Einsatz von Kampftruppen oder das Auftauchen von ausländischer Ausrüstung auf dem Territorium des Landes (Finnland) beinhalten." In jedem Fall werde Finnland in die Einsatzpläne der Nato einbezogen. "Das wird auch in den Planungsprozess (Russlands) einbezogen."

Finnland und Schweden hatten sich bald nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022 entschlossen, ihre traditionelle Bündnisfreiheit aufzugeben und der Nato beizutreten. Finnland erhielt nach langem Hin und Her die nötige Zustimmung aller 30 Nato-Staaten, während Schweden noch auf das Ja der Türkei und Ungarns wartet. Finnland hat eine 1340 Kilometer lange Grenze zu Russland und gilt als militärisch starker Partner.

Selenskyj zu Nato-Gipfel eingeladen

Zum kommenden Nato-Gipfel in Litauen ist auch der ukrainische Präsident eingeladen. "Wir freuen uns darauf, Präsident Selenskyj bei unserem Gipfel in Vilnius im Juli zu treffen", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag in Brüssel. Der Nato-Gipfel findet am 11. und 12. Juli in Litauens Hauptstadt statt.

Pentagon kündigt neue milliardenschwere Militärhilfe für Ukraine an

Das US-Verteidigungsministerium kündigte derweil neue militärische Hilfe für die Ukraine im Wert von 2,6 Milliarden US-Dollar (knapp 2,4 Milliarden Euro) an. In dem Paket enthalten sei vor allem Munition für Artilleriegeschütze und Waffensysteme wie die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars. Waffen und Munition im Wert von 500 Millionen Dollar komme aus Beständen des US-Militärs, wie das Pentagon am Dienstag mitteilte. Selenskyj äusserte sich erfreut über die neue Hilfe: "Danke, Herr Präsident Joe Biden, danke, Kongress, danke, jeder Amerikaner!"

Ausserdem werde man der Ukraine weitere Munition und Waffen im Wert von 2,1 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen, die von der Industrie bezogen werden, hiess es aus Washington. Darunter sind unter anderem Radarsysteme für die Luftabwehr, Kommunikationsausrüstung, Raketenwerfer und Fahrzeuge diverser Typen wie Tanklastwagen sowie Transport- und Bergungsfahrzeuge.

Nato entwickelt neues Unterstützungsprogramm für Ukraine

Die Nato entwickelt ein neues Unterstützungsprogramm für die Ukraine. Die geplante mehrjährige Initiative solle dazu beitragen, eine Abschreckungskulisse zu schaffen und die Verteidigung des Landes zu gewährleisten, sagte Nato-Generalsekretär Stoltenberg am Dienstagabend nach Beratungen bei einem Aussenministertreffen in Brüssel. Zudem gehe es darum, den Übergang von ukrainischer Ausrüstung und Doktrinen aus Sowjetzeiten hin zu Nato-Standards zu vollziehen und die Interoperabilität mit dem westlichen Verteidigungsbündnis zu verbessern.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Bündniskreisen ist im Gespräch, das Unterstützungsprogramm auf zehn Jahre anzulegen und jährlich mit etwa 500 Millionen Euro auszustatten.

Was bringt der Tag

Der ukrainische Präsident und seine Frau Olena Selenska werden am Mittwoch in Warschau erwartet. Geplant sind Gespräche mit Polens Präsident Andrzej Duda und mit Regierungschef Mateusz Morawiecki. Nach Angaben von Dudas Berater Marcin Przydacz soll es bei dem Gespräch der beiden Staatschefs vor allem um Verteidigungsfragen gehen. Politische, wirtschaftliche und historische Themen stünden aber auch auf der Agenda.

Der belarussische Machthaber und Kreml-Verbündete Alexander Lukaschenko wird am Mittwoch zu einem zweitägigen Besuch in Moskau erwartet. Bei seinen Unterredungen mit Russlands Präsident dürfte es unter anderem um die von Wladimir Putin angekündigte Stationierung taktischer Atomwaffen in Belarus gehen, die direkt an der Grenze zu Polen gelagert werden sollen./cha/DP/mis

(AWP)