An diesem Montag soll der Verkehr umfassend bestreikt werden. Der beispiellose Warnstreik umfasst den Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr auf der Schiene, viele deutsche Flughäfen, die Wasserstrassen und Häfen sowie Autobahnen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Verdi kämpfen für mehr Einkommen in unterschiedlichen Tarifrunden.
Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge, findet den massiven Ausstand "nicht ok", wie sie in Berlin sagte. Sie rief die Gewerkschaften zu konstruktiven Zeichen für die am Montag beginnende dritte Tarifrunde für den öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes auf - neben den Tarifgesprächen bei der Bahn der entscheidende Hintergrund für die Warnstreiks. "Die Gewerkschaften sollten aufpassen, dass sie nicht überziehen", sagte Welge.
Kampeter mahnte, der Kampf um Mitglieder dürfe die Tarifautonomie in Deutschland nicht radikalisieren. "Ein Blick nach Frankreich zeigt, wohin es führt, wenn man sich auf die schiefe Ebene begibt." In Frankreich wird vergleichsweise häufig gestreikt - zuletzt besonders heftig gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron.
Der Airline-Verband Barig, dem neben internationalen auch die meisten deutschen Anbieter angehören, kritisierte das Vorgehen der Gewerkschaften als "verantwortungslos". "Die unverhältnismässig massiv eingeschränkte Mobilität erschwert die nationalen wie auch internationalen Verkehrsströme, den Warentransport, gegebenenfalls wichtige humanitäre Hilfslieferungen und das gesellschaftliche Zusammenleben allgemein", sagte Barig-Chef Michael Hoppe.
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler hatte die EVG bereits am Vortag zur unverzüglichen Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgefordert. Auch Kampeter betonte: "Wir fordern Verdi und die EVG auf, ohne jedes Wenn und Aber an den Verhandlungstisch zurückzukehren."
Ungewöhnlich am geplanten Warnstreiktag ist, dass er sich mit den Verhandlungen überschneidet - nämlich der in Potsdam beginnenden dritten Runde für die 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Rechtlich ist das Vorgehen aber möglich, wie der Tarifexperte Thorsten Schulten vom Institut WSI der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Denn die Friedenspflicht endete mit dem Auslaufen des bisherigen Tarifvertrags. Auch einem grossangelegten Warnstreik mitsamt Überschneidung von zwei Tarifbereichen steht nach Einschätzung von Schulten nichts im Weg. Die Arbeitgeber sehen in dem massiven Ausstand die rechtlichen Grenzen zumindest ausgereizt.
Kampeter kritisierte: "Grossstreiks, die ein Land lahmlegen sollen, sind keine Warnstreiks." Der Chef des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Markus Jerger, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Unternehmen und Bevölkerung dürfen nicht in Geiselhaft genommen werden für Forderungen, die in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation nicht zielführend sind."
Stillstand soll infolge des umfassenden Warnstreiks am Montag wohl fast überall im öffentlichen Verkehr herrschen. Die Bahn stellt den gesamten Fernverkehr ein. Auch im Regionalverkehr werde "grösstenteils kein Zug fahren". Betroffen sind viele Airports - auch etwa die Flughäfen Frankfurt und München. In sieben Bundesländern soll der Nahverkehr stillstehen. Auch Schleusen auf wichtigen Wasserstrassen und etwa der Hamburger Hafen sollen bestreikt werden./bw/hrz/maa/DP/zb
(AWP)