Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen am (heutigen) Donnerstag nicht gesenkt. Aber sie behält es sich vor, bis Mitte 2020 den heutigen Nullzins beizubehalten, oder ihn noch zu senken. Auch ein weiteres Anleihenkaufprogramm, ein so genanntes Quantitative Easing, ist möglich. Heisst: Die EZB hält sich alle Optionen offen.

Zinssenkungen in der Eurozone, gekoppelt möglicherweise noch mit Anleihenkäufen, wären eine Herausforderung für die Schweizer Währungshüter. Weil an den Finanzmärkten von vielen ein solches Szenario erwartet wird, ist unter anderem der Franken unter Aufwertungsdruck gekommen. Der Euro hat bereits auf das EZB-Communiqué reagiert:

 

 

Die EZB-Geldpolitik hat diese Woche ihre Schatten aber schon vorausgeworfen. Der Wechselkurs Euro-Franken fiel unter die Linie von 1,10. Zuletzt hatte der Kurs im Juli 2017 unter dieser Marke gelegen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die Möglichkeit, mit Devisenkäufen einer weiteren Aufwertung entgegenzuwirken. Sie könnte auch versuchen, mit einer Ausweitung des Negativzinses von -0,75 auf -1 Prozent Investoren von Geldflüssen in den Franken abzuschrecken.

Die Meinung von über drei Vierteln der Leserinnen und Lesern von cash.ch zum Einsatz dieser Instrumente ist aber: Nein.

77 Prozent der 4500 Teilnehmer gaben in der cash-Umfrage an, die SNB solle stillhalten, auch wenn der Franken weiter aufwerten werde. Das deutliche Verhältnis von 3:1 in dieser Frage mag sich damit erklärten, dass in der cash-Leserschaft viele Vorsorgesparer sind, deren Ersparnisse wegen der Tiefzinspolitik schwächer verzinst werden als früher.

Am Resultat der cash-Umfrage lässt sich trotzdem ablesen, dass die SNB-Mittel gegen den starken Franken, wie sie seit Beginn der Finanzkrise 2008 schrittweise verstärkt wurden, nicht mehr so populär sind. Vor allem noch tiefere Negativzinsen kämen nicht gut an.

768 Milliarden SNB-Bilanzssumme

Aber auch Interventionen in der Form von Devisenkäufen sind sehr umstritten geworden. Die Bilanzssumme der Nationalbank ist innerhalb von zehn Jahren von 55 auf 768 Milliarden Franken angestiegen, weil die SNB so viel Fremdwährung bunkert.

Während die Negativzinsen vor allem in der Vorsorgeindustrie und bei den Banken Unmut hervorgerufen haben, meldete sich hinsichtlich der SNB-Bilanz auch die Politik zu Wort. Unter anderem hat Finanzminister Ueli Maurer die Währungshüter kritisiert. Immer noch gilt es als ungewöhnlich, dass ein Bundesrat eine Notenbank angreift – im Ausland, etwa in der Türkei oder den USA, kommt dies häufiger vor.