Viele Ökonomen rechnen damit, dass Fed-Chef Jerome Powell eine zweite Amtszeit erhalten und somit über den Februar 2022 hinaus die Geschicke der Notenbank lenken wird.

Der 68-Jährige hat sie in der Corona-Krise durch schweres Fahrwasser gelenkt. Weitere Bewährungsproben stehen an - sei es für Powell oder eine andere Person an der Spitze der Fed. Hier die wohl grössten Herausforderungen:

Aus Krisenmodus aussteigen

In der Corona-Krise hat die Fed 2020 unter der Führung Powells schnell und entschlossen den Geldhahn aufgedreht und die Zinsen auf nahe Null gesetzt. Nun steht angesichts der wieder rund laufenden Wirtschaft der Ausstieg aus dem Krisenmodus an.

Wohl schon um die Jahreswende herum wird die Fed damit beginnen, ihre milliardenschweren Ankäufe von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren zurückzufahren. Diesem ersten Schritt auf dem Weg aus der ultralockeren Geldpolitik soll ein zweiter Folgen: eine Zinserhöhung.

Heikles Zinsmanöver

Dieses in Anlehnung an einen Raketenstart im US-Fachjargon "Lift-off' genannte Manöver hat seine Tücken, zumal die Fed erst voriges Jahr ihre Strategie neu justiert hat. Demnach soll die erste Zins-Stufe erst gezündet werden, wenn Vollbeschäftigung erreicht ist und sich die Inflation einige Zeit über der angepeilten Zwei-Prozent-Marke etabliert hat. Das Preisniveau ist jedoch mittlerweile weit über das Ziel der Fed hinausgeschossen.

Die Währungshüter sehen die stark steigenden Preise zwar als Folge der Corona-Pandemie nur als vorübergehendes Phänomen. Doch Powell hat eingeräumt, dass die Fed umdenken müsste, falls es sich wider Erwarten doch länger hinziehen sollte.

Damit die Inflation nicht aus dem Ruder läuft, könnte die Fed gezwungen sein, bereits vor Erreichen der Vollbeschäftigung die Zinsen zu erhöhen. Damit geriete sie in ein Dilemma. Denn sie strebt danach, dass möglichst viele Amerikaner wieder in Lohn und Brot kommen.

Die Pandemie hat eine Riesenlücke am Arbeitsmarkt gerissen: Derzeit sind noch 5,3 Millionen Amerikaner weniger beschäftigt als vor der Krise. Die auch für den Spitzenposten der Fed gehandelte Direktorin Lael Brainard hat darauf hingewiesen, dass die Arbeitslosigkeit nach wie vor zu hoch sei und insbesondere Minderheiten und Niedriglohnempfänger treffe.

Hebt die Fed die Zinsen wegen der erhöhten Inflation zu früh an, könnte sie die Erholung der Wirtschaft abwürgen und sich die Chance vieler Erwerbsloser auf Rückkehr in den Job verflüchtigen. Manche Währungshüter dringen auf eine Zinserhöhung im kommenden Jahr, andere wollen noch bis 2023 abwarten.

Finanzstabilität sichern

Die Fed muss zudem ein Auge auf den Immobilienmarkt halten. Einige Währungshüter warnen bereits, ihn nicht zu lange mit Niedrigzinsen und dem Ankauf von Hypothekenpapieren zu befeuern.

Mit anhaltend billigem Geld riskiert die Notenbank, dass Anleger auch in anderen Marktbereichen immer höhere Risiken eingehen. Der frühere Fed-Ökonom David Wilcox sieht Finanzregulierung als eine der Top-Prioritäten für die Fed-Spitze.

Digitalwährung, ja oder nein?

Sogenannte "Stablecoins" - unreguliert Kryptowährungen, die an den Dollar gekoppelt werden können - gelten dem Chef des Fed-Bezirks Boston, Eric Rosengren, als Risiko für die Stabilität der Finanzmärkte.

Laut Powell wäre von der Notenbank ausgegebenes Digitalgeld gegenüber vielen privaten Initiativen für Kryptowährungen und Stablecoins womöglich eine sinnvollere Alternative. Die Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt befürchten auch, dass der Boom der Kryptowährungen Geldwäsche begünstigt und systemische Risiken erhöht.

Zudem könnte die Rolle des Dollar als Weltleitwährung in der Zukunft ins Wanken geraten. "Die Federal Reserve muss dass relativ schnell auf die Reihe kriegen", meint Ökonomieprofessor Andrew Levin vom Dartmouth College. Die EZB ist der Fed dabei schon einen Schritt voraus, da sie bereits eine Projektphase für eine mögliche künftige Einführung eines digitalen Euro gestartet hat.

Klimarisiken in Blick nehmen

Die Fed steht auch unter Druck, sich stärker mit den Auswirkungen von Naturkatastrophen wie Waldbränden, Wirbelstürmen und anderen mit dem Klimawandel zusammenhängenden Phänomenen auf die Finanzmärkte auseinanderzusetzen.

Doch in der Gestaltung der US-Geldpolitik spielt laut Powell der Klimawandel zurzeit noch keine grosse Rolle - auch weil die Fed kein ausdrückliches Mandat dafür hat. Die EZB hat sich hingegen unter ihrer Chefin Christine Lagarde mit einer teils neu ausgerichteten Strategie dafür entschieden, den Klimaschutz stärker zu berücksichtigen. 

(Reuters)