Als Erste war die Schweizer Börse SIX von der Ankündigung Brüssels betroffen: Mitte 2019 verlor sie ihre Anerkennung der Gleichwertigkeit, die Äquivalenz, wegen fehlender Fortschritte beim institutionellen Rahmenabkommen.
Die EU-Aktienhändler wären dann vom Schweizer Aktienhandel abgeschnitten worden, hätte der Bundesrat nicht Ausgleichsmassnahmen ergriffen. Zudem stünden verschiedene EU-Äquivalenz-Entscheidungen an, auf die die Schweizer Banken bis heute vergeblich warten.
Auch die Forschenden und Studierenden in der Schweiz bekamen den harten Kurs aus Brüssel zu spüren: Seit 2021 ist die Schweiz nicht mehr am EU-Forschungsabkommen Horizon Europe assoziiert.
Das Gleiche gilt für das EU-Mobilitätsprogramm Erasmus Plus, an das sich die Schweiz gerne anschliessen möchte: Auch hier ist eine Assoziierung nicht möglich. Die EU verweist in beiden Fällen auf ein fehlendes institutionelles Rahmenabkommen.
Medizintechnik-Branche
Die Medizintechnik-Branche musste ebenfalls bereits negative Folgen in Kauf nehmen. Im Mai 2021 verlor sie ihren privilegierten Zugang zum EU-Binnenmarkt, weil die EU das Abkommen über technische Handelshemmnisse (MRA) nicht aktualisieren wollte. Als Folge davon ist der bürokratische Aufwand gestiegen. Im kommenden Jahr steht eine Aktualisierung des MRA im Bereich Maschinenindustrie an. Noch ist unklar, was geschehen wird.
Beim Landwirtschaftsabkommen verknüpfte die EU-Kommission anstehende Aktualisierungen in den Bereichen Pflanzengesundheit, Futtermittel und Saatgut mit dem Rahmenabkommen. Gleiches gilt für eine Aktualisierung im Veterinärbereich, wo es um die Bekämpfung bestimmter Tierseuchen geht.
SBB ebenfalls betroffen
Und auch die SBB wurden bereits "Opfer" des Streits zwischen der Schweiz und der EU: Ihre Teilnahme am EU-Innovationsprogramm "Europe's Rail Joint Undertaking" wurde von der EU-Kommission auf Eis gelegt. Sie verwies dabei auf die fehlende Assoziierung der Schweiz an Horizon Europe.
Die Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU-Eisenbahnagentur (ERA) verknüpft die EU ebenfalls mit den institutionellen Fragen. Zwar wurde diese Ende 2021 um ein Jahr verlängert. Der Beitritt zur ERA ist jedoch zurzeit nicht möglich. Denn dazu wäre eine Anpassung des Landwirtschaftsabkommen Schweiz-EU nötig, was die EU-Kommission derzeit ablehnt.
Zu spüren bekamen die Schweizerinnen und Schweizer die sich verschlechternden Beziehungen zur EU auch während der Corona-Krise: Die EU weigerte sich, die Schweizer Corona-App mit ihrer zu verknüpfen. Beim Corona-Zertifikat hatte die Schweiz jedoch mehr Glück: Die EU akzeptierte eine Verknüpfung.
Auf Eis gelegt ist zudem das fertig ausgehandelte Stromabkommen mit der EU. Auch hier verweist die Union auf fehlende Lösungen bei den institutionellen Fragen. Das Abkommen dürfte jedoch mittlerweile veraltet sein, so dass Anpassungen oder gar Neuverhandlungen nötig wären.
(AWP)