Hypotheken im Wert von 100 bis 140 Millionen Franken vermittelt Moneypark jeden Monat. Damit ist die 2012 gegründete Firma bereits einer der grössten Intermediäre am Schweizer Hypothekenmarkt. Gleichwohl beläuft sich der Marktanteil nur auf 1 Prozent. Der Markt biete noch Potenzial, sagt Moneypark-CEO Stefan Heitmann im Gespräch mit cash. Moneypark peile mittelfristig einen Anteil von 10 Prozent an.

Mit seiner technologiebasierten Plattform will Moneypark den Hypothekenkunden mehr Informationen über den "kartellartigen" Markt bieten, der laut Heitmann immer noch sehr intransparent ist. "Mit weniger informierten Kunden verdient eine Bank einfach besser", so sein Urteil über die Bankenszene. Mitte Dezember 2016 verkaufte Moneypark 70 Prozent seiner Aktien für 107 Millionen Franken dem Versicherungskonzern Helvetia. Damit gehört Moneypark zu den erfolgreichsten Fintech-Startups der Schweiz. 

cash: Die Hypothekenzinsen sind praktisch auf einem Rekordtief, die Nachfrage nach Wohneigentum in der Schweiz dementsprechend gross. Für Hypotheken-Vermittler müssen das traumhafte Zeiten sein.

Stefan Heitmann: Immobilien sind definitiv im Trend, und viele Schweizer träumen von den eigenen vier Wänden. Auch weil kaufen viel günstiger ist als mieten, beschäftigen sich viele Leute mit dem Thema Hypotheken und Wohneigentum. Noch immer hat die Schweiz aber weltweit die niedrigsten Eigentümerquoten, und das in einem Land mit so viel Wohlstand. Ein Grund liegt bei den hohen regulatorischen Hürden.

Als Sie vor fünf Jahren mit Moneypark starteten, war der Rummel um Hypotheken und Immobilien noch nicht so gross. Wie haben Sie diese Entwicklung vorausgesehen?

Wir sind keine Zinspropheten. Aber meine unternehmerische Zuversicht beruhte darauf, dass die Schweizer Kunden beginnen, auch bei Hypotheken mehr und mehr zu vergleichen anstatt gutgläubig und oftmals unnötig naiv der Hausbank zu vertrauen, dass diese ein gutes Angebot vorlegt. Wir haben im Schweizer Hypothekarmarkt eine sehr grosse Auswahl an Anbietern, was nur positiv ist für die Kunden. Gleichzeitig macht dies den Markt aus Kundensicht aber auch anspruchsvoll und intransparent, da kaum objektive Informationen vorhanden sind und die Banken alles daran setzen, die Informationshoheit zu bewahren. Mit weniger informierten Kunden verdient eine Bank einfach besser.

Inwiefern ist der Schweizer Hypothekenmarkt im internationalen Vergleich denn ein Sonderfall?

In Deutschland und anderen Märkten wie Frankreich, Niederlande, Skandinavien haben die Kunden vor über zehn Jahren begonnen, sich von der Hausbank zu emanzipieren. In der Schweiz begann dies erst nach der Finanzkrise und nicht im klassischen Hypothekarmarkt. Innovation fängt nie im Banking an. Bis heute ist die Schweiz für Banken ein Paradies, weil der Kunde immer noch sehr unkritisch die Bankangebote annimmt, zu wenig vergleicht und sich unter Wert verkauft. Der Kunde hat viel mehr Macht als er meint.

Könnte man auch sagen, den Schweizer Banken geht es noch zu gut und sie müssen sich deshalb nicht stärker nach den Kundeninteressen richten?

Eine Bank verdient umso mehr, je weniger der Kunde die Produkte versteht. Das ganze Geschäftsmodell Bank ist darauf ausgerichtet, eine Informationsasymmetrie zwischen Kunde und Bank aufrechtzuerhalten. Darum geht es Banken so gut, besonders in der Schweiz. Sie setzen alles daran, dass der Kunde eben nicht verschiedene Angebote vergleicht. Denn dann müssten sie ja erklären, weshalb die Konkurrenz für dasselbe Produkt viel weniger verlangt. Das heisst, der Kunde muss sich diese Informationen selber besorgen. Oder er nutzt einen professionellen Anbieter wie uns. Erst dann realisiert er, wie enorm gross das Sparpotenzial ist.

Was bedeutet das für den Hypothekenmarkt?

In der Schweiz kann jeder Kunde mit dem günstigsten Hypothekenabschluss jährlich mehrere tausend Franken sparen, unseren Kunden sparen wir im Durschnitt zwischen 3000 bis 4000 Franken pro Jahr und pro Kunde. Wenn wir warten, dass die Bank das von sich aus preisgibt, dann warten wir, bis wir lange Bärte haben. Denn eine Bank hat nicht den Willen, einen Kunden unabhängig aufzuklären. Sie verkauft nur, was in Bezug auf die Marge für sie am optimalsten ist.

Moneypark bietet häufig über sämtliche Laufzeiten günstigere Hypotheken an als die Finanzinstitute mit denen Sie zusammenarbeiten. Wie funktioniert das?

Wir verhandeln jeden Monat mehrere hundert Millionen Franken an Hypotheken. Als Grosseinkäufer von Hypotheken erhalten wir schon dadurch in aller Regel bessere Konditionen. Zudem ersparen wir den Banken den kompletten vertrieblichen Teil. Das heisst: Eine Bank, die von uns ein Hypothekargeschäft bekommt, muss keine Filiale aufbauen, muss keine Mitarbeiter führen, hat keine Leerberatungen. Dadurch erzeugen wir eine höhere Effizienz.

Können Sie das Hypothekenvolumen von Moneypark etwas konkretisieren?

Im letzten Jahr sind wir an die Milliardengrenze herangekommen, was das platzierte Volumen betrifft. Somit sind wir mittlerweile der grösste Hypotheken-Intermediär der Schweiz. Im ersten Quartal 2017 sind wir nochmals stärker gewachsen. Momentan vermitteln wir im Monat zwischen 100 und 140 Millionen Franken an Abschlüssen und verhandeln zwischen 300 und 400 Millionen. Wir rechnen für das Gesamtjahr mit einem Volumen von deutlich über einer Milliarde Franken. Gemessen am Schweizer Gesamtvolumen ist das aber wenig. In Deutschland und Frankreich haben die Hypothekenvermittler einen Marktanteil von 50-60 Prozent, in den USA und in Grossbritannien sogar 70 bis 80 Prozent. Der hiesige Markt bietet also noch sehr viel Potenzial.

Sie schafften es im letzten Jahr erstmals in die schwarzen Zahlen. Wie sehen diesbezüglich Ihre Ziele aus?

Eine Ganzjahres-Profitabilität war für uns ein ganz grosser Meilenstein. Wir planen natürlich, dass wir uns auf diesem Pfad weiterentwickeln können und uns so die Freiheit erarbeiten, weiter stark zu investieren. Zuvorderst in Kundenberater, Technologie und in die Romandie als für uns noch grösstes, erst mit zwei Filialen erschlossenes Vertriebsgebiet.

Regelmässig tauchen neue Player auf dem Hypothekenmarkt auf, auch solche, die Privatdarlehen vermitteln. Wie schätzen Sie diese Konkurrenz ein?

Grundsätzlich habe ich grosse Sympathien für jedes Startup-Unternehmen und gönne jedem Jungunternehmer den Erfolg. Insbesondere solchen, die mit uns in den verkrusteten, teilweise kartellartigen Hypothekenmarkt drängen. Aber natürlich möchten wir unsere Position weiter stärken und ausbauen. Unser Geschäftsmodell ist auf Jedermann ausgerichtet, während sich Konkurrenten, zum Beispiel Peer-to-Peer-Modelle, häufig in einer Nische bewegen. Denn nur sehr wenige Hypothekargeber sind bereit, an unbekannte Personen einen Kredit zu vergeben. Das ist vertrauensseitig eine hohe Hürde.

Tiefere Finanzierungshürden für Wohneigentum sorgen immer wieder für Diskussionen. Für Moneypark wären sie bestimmt lukrativ.

In den Bilanzen von Schweizer Banken und Versicherungen stehen fast 1000 Milliarden Franken an Hypotheken. Jährlich werden rund 140 Milliarden Franken an neuen Hypotheken abgeschlossen. Das ist einer der grössten Märkte weltweit. Wir haben 1 Prozent Marktanteil und wollen mittelfristig auf 10 Prozent. Die Marktgrösse ist für uns also nicht das Problem. Dennoch läuft auf dem Schweizer Hypothekarmarkt mittlerweile etwas schief.

Was genau?

Ich finde es bedenklich, wenn eine junge Familie nahezu ausgeschlossen wird vom Immobilienkauf – erst recht, wenn Mieten ungefähr 50 Prozent teurer ist als kaufen. Ich finde es auch bedenklich, wenn ältere Kunden nach jahrzehntelangem Abbezahlen Eigenkapital nachschiessen müssen, um ihre Immobilie nicht zu verlieren. Wir erleben solche Fälle regelmässig. Wenn man sich dann vergegenwärtigt, dass es weltweit keinen konservativeren Hypothekenmarkt als denjenigen in der Schweiz gibt, muss man ein grosses Fragezeichen setzen. Der Hypothekenmarkt Schweiz hat statistisch gesehen keine Risiken. Ich möchte nicht jedem Immobilienkäufer den Freifahrtschein ins Eigentum geben, aber wir haben einen Regulierungsstand erreicht, der gesellschaftspolitisch fragwürdig ist.

Würde mehr Wohneigentum nicht zu noch höheren Immobilienpreisen führen?

Nein, Länder mit deutlich höheren Eigentumsquoten haben deshalb nicht höhere Preise oder Preissteigerungen erlebt. Wohneigentum ist Sicherheit, Vorsorge, Lebenstraum. Diesen Wünschen können und sollten wir uns nicht in den Weg stellen, wenn eine Finanzierung tragfähig ist. Auch nicht mit fragwürdigen Analysen zu Immobilienblasen.

Trotzdem sind die stark gestiegenen Schweizer Immobilienpreise nicht von der Hand zu weisen.

Die UBS versucht seit Jahren, eine Immobilienblase herbeizureden, die aber nicht existiert. Der Markt ist kerngesund. Auch tiefere regulatorische Hürden führen nicht zwingend und automatisch zu höheren Risiken, denn die Preise am Immobilienmarkt werden nicht ausschliesslich durch die Nachfrage getrieben. Wir haben natürlich sehr hohe Immobilienpreise, aber auch sehr hohe Löhne. Solange sich Lohnentwicklung, Inflation und makroökonomische Faktoren mittel- bis langfristig die Waage halten, werden wir im Durchschnitt weiterhin steigende Immobilienpreise in einem grundsätzlich sehr gesunden Markt sehen. Zudem haben wir regional oder in bestimmten Segmenten klare Preiskorrekturen erlebt, der Markt funktioniert also. Im Luxusbereich beispielsweise hat der Eigentumsmarkt sogar massiv nach unten korrigiert.

Auf der Moneypark-Homepage steht, die Entschädigung von Finanzierungspartnern sei bei allen 'nahezu gleich'. Sind Sie komplett unabhängig bei der Vermittlung von Hypotheken?

Ja, komplett. Wir haben mehrere Sicherheitsstufen eingebaut, um die Unabhängigkeit bei der Vermittlung zu garantieren. Typischerweise verrechnen wir den Banken zehn Basispunkte pro Laufzeitjahr dafür, dass wir ihnen den Vertrieb ersetzen. Nun kann es sein, dass die eine Bank neun und die andere Bank elf Basispunkte bezahlt. Aber die Unterschiede bewegen sich in einem engen Korridor. Die zweite Sicherheitsstufe ist das Anreizsystem unserer Berater. Sie erhalten ein Fixsalär und partizipieren am Verkaufserfolg. Sie verdienen aber nicht mehr oder weniger, wenn sie eine bestimmte Laufzeit vermitteln oder einen bestimmten Anbieter bevorzugen. Kein Anbieter mit nur einem Produkt im Regal würde so ein Modell umsetzen. Drittens sind wir offen für jeden Anbieter da draussen.

Mitte Dezember verkauften sie 70 Prozent von Moneypark an die Versicherungsgruppe Helvetia. Warum haben Sie die unternehmerische Eigenständigkeit aufgegeben?

Wir sind in der operativen und strategischen Geschäftsführung immer noch unabhängig und werden und wollen nicht integriert werden. Wichtig war für uns, einen Partner zu haben, der seinerseits im Hypothekengeschäft nicht stark vertreten ist, der aber gleichwohl unsere Vision von technologiebasierter, unabhängiger Hypo-Beratung teilt, das grosse Marktpotenzial sieht und  mit uns in Wachstum investiert. Wachstum im Sinne fortlaufender Investitionen in Mitarbeiter, Technologie und weitere Filialen. Zudem möchten wir unseren Mitarbeitenden ein stabiles Umfeld bieten, wo sie sich technologisch, fachlich und vertrieblich bestmöglich weiterentwickeln können.

Moneypark setzt einerseits auf technologie-basierte Lösungen, aber auch auf ein dichtes Filialnetz. Welchen Bereich fördern Sie in Zukunft mehr?

Das ist nie ein Entweder-Oder. Unser Filialgeschäft funktioniert nur mit unserer digitalen Plattform. Wir werden weitere technische Neuerungen auf den Markt bringen. Hypotheken sind komplex und die Themen vielfältig, mit denen sich Kunden beschäftigen müssen, die eine Immobilie kaufen und finanzieren wollen. Im Hypothekargeschäft ist man daher laufend mit Kunden konfrontiert, welche vor der grössten Finanzentscheidung ihres Lebens stehen. Deshalb besteht nach wie vor ein grosser, persönlicher Beratungsbedarf. Wir möchten allen Kunden eine Plattform bieten, dem nicht beratungsaffinen Online-Anschlussfinanzierer genauso wie dem völlig zurecht sehr beratungsbedürftigen Neufinanzierer.

Sie bieten auch Video-Beratung an. Wie oft wird diese genutzt?

Sie wird sehr regelmässig genutzt und gibt uns mehr Flexibilität. Gleichwohl wird der Faktor Mensch und das persönliche Kundengespräch in der Hypo-Beratung nicht verschwinden.

Die Digitalisierung ist eines der grossen Themen in der Finanzindustrie. Wie weit sind die Banken diesbezüglich?

Der Stand der Digitalisierung ist erschreckend niedrig. Noch erschreckender ist, dass es vor allem die grossen Häuser unter Banken und Versicherungen sind, die den Pfad der technologischen Innovation entweder komplett vernachlässigt haben oder auf alten Systemen unterwegs sind, die keinerlei technische Flexibilität besitzen. Ich finde es traurig, dass Unternehmen, die zum Teil Milliardengewinne schreiben, in einer jahrzehntealten IT-Umgebung arbeiten. Sehr häufig, weil Technologie nicht in der DNA einer Bank verankert ist. Wir bieten den Banken moderne Schnittstellen an, diese haben aber selbst häufig interne Systeme, die nicht miteinander korrespondieren.

Trotzdem sind in den vergangenen Jahren unzählige digitale Finanzdienstleistungen entstanden, auch im Retail-Bereich.

Fast jede Bank bietet mittlerweile eine Online-Hypothek an. Wenn man aber hinter die Kulissen schaut, sieht man häufig nicht mehr als ein einfaches elektronisches Antragsformular. Danach ist der Prozess aber klassisch manuell. Es gibt diesbezüglich wenige Ausnahmen, die den Prozess weiter ausgebaut haben. Ich hoffe, dass die Finanzindustrie Technologie endlich auch in Kernprodukten wie Hypotheken als grosse Chance und nicht nur als Marketing-Gag begreift.

Inwiefern entwickelt sich Moneypark in Richtung einer Bank? Sie bieten ja mittlerweile auch Vorsorge- und Anlageberatung an.

Wir bieten beratungsseitig alles an, was für den Immobilienkäufer und Kreditnehmer relevant ist. Denn es wäre fahrlässig und unverantwortlich von uns, diese Fragen wegzulassen. Vorsorgethemen sind genau deshalb wichtig, weil man sich mit der Hypothek verschuldet und die Absicherung von Risiken und Angehörigen diskutieren muss. Zentral bleibt die konsequente Trennung von Produkt und Beratung, und wir wollen kein Gemischtwarenladen sein.

Zur Person: Dr. Stefan Heitmann (*1977) war vor seiner Zeit bei Moneypark mehrere Jahre lang, zuletzt als Partner, bei der Unternehmensberatung McKinsey tätig, dort vor allem im Bereich Grossbanken. Heitmann hält einen Doktortitel in Law & Finance und engagiert sich auch als Investor im Fintech- und Proptech-Bereich.

Im Video-Interview mit cash äussert sich Stefan Heitmann auch zu seinen weiteren Engagements im Fintech-Bereich.