"Panik und Aufregung" brächten jetzt wenig, sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Montag in Lausanne. Denn "was wir jetzt vorbereiten, wird für sehr wahrscheinlich ziemlich lange dauern müssen". Deshalb sei es wichtig, dass die Massnahmen gut abgestützt und gut organisiert seien. Die Konsultation mit den Kantonen sei gemacht.
Dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) waren für die 72 Stunden seit Freitagmorgen insgesamt 17'440 bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet worden. Eine Woche zuvor waren es für das Wochenende 8737 neue Ansteckungen gewesen, vor zwei Wochen deren 4068, vor drei Wochen 1548 und vor vier Wochen 780. Damit verdoppeln sich die Fallzahlen seit einem Monat Woche für Woche.
Mehr Spitaleinweisungen
Für die gesamte Schweiz wurden dem BAG für das Wochenende ausserdem 259 Hospitalisierungen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung gemeldet. Im Kanton Solothurn verdoppelte sich die Zahl der an Covid-19 erkrankten Personen in Spitalpflege am Wochenende auf 22. Davon lagen fünf Patienten auf intensivmedizinischen Abteilungen.
Im Kanton Thurgau wurden 25 hospitalisierte Personen gezählt, zehn mehr als noch am Freitag. Davon befinden sich acht auf der Intensivstation. Und im Kanton Baselland befanden sich 27 an Covid-19 erkrankte Menschen in Spitalpflege, vier mehr als am Sonntag. Vier Personen lagen auf der Intensivstation und mussten beatmet werden.
Erste Spitäler verschieben Eingriffe
Im Kanton Bern wurden allein seit Freitag 64 weitere Covid-19-Kranke hospitalisiert. Das Spitalzentrum Biel entschied deshalb am Montag, die Hälfte der nicht dringenden operativen Eingriffe zu verschieben. Auch die Waadtländer Gesundheitsdirektorin Rebecca Ruiz (SP) kündigte an, dass das Universitätsspital Lausanne 30 Prozent der nicht dringenden Operation aufschieben werde.
Ein landesweites Behandlungsverbot von nicht dringenden Fällen gibt es zur Zeit noch nicht. Die Regelung obliege weiterhin den Kantonen respektive den Spitälern, hiess es bei der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) auf Anfrage.
Diese empfiehlt den Spitälern zur Zeit lediglich, "die nicht dringend angezeigten Eingriffe rasch zu reduzieren, damit die Kapazitäten für die wachsende Zahl von Covid-19-Patientinnen und -Patienten sichergestellt werden können".
Diskussion um Lockdown
Angesichts der Entwicklung forderte die Genfer Virologin Isabella Eckerle auf dem Kurznachrichtendienst Twitter so bald als möglich einen Lockdown. "Es gibt keinen anderen Weg", schrieb sie. Sollten die Politiker nicht sofort handeln, werde die Schweiz in diesem Winter eine riesige Zahl von Todesopfern hinnehmen müssen und einen enormen wirtschaftlichen Schaden erleiden.
Im Gegensatz dazu zeigte sich die Konferenz der kantonalen Volkswirtschaftsdirektorinnen und -direktoren (VDK) in einer Mitteilung besorgt "über die aktuelle Entwicklung der Diskussionen um die Möglichkeit, Betriebe stillzulegen". Die volkswirtschaftlichen und damit verbunden auch gesellschaftlichen Kosten wären gravierend, schrieb die VDK.
Massnahmen verschärft
Bevor am Mittwoch weitere nationale Massnahmen verkündet werden sollen, verschärften verschiedene Kantone in Eigenregie ihre Massnahmen gegen die Pandemie. So führte der Kanton Tessin als Erster eine Maskenpflicht im Freien ein, wenn der Mindestabstand zu anderen Personen nicht eingehalten werden kann.
Der Kanton Solothurn verbietet ab Dienstag Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum. An privaten Veranstaltungen im Familien- und Freundeskreis dürfen höchstens 15 Personen teilnehmen.
In Berner Schulen müssen ab Dienstag alle Erwachsenen und zudem Schüler ab der Sekundarstufe I Masken tragen. Und in Appenzell Innerrhoden gilt in der Oberstufe ab Dienstag eine erweiterte Maskenpflicht sowie Einschränkungen beim Sport- und Musikunterricht.
(AWP)