Die Herausforderungen erforderten konstruktive Zusammenarbeit statt Polit-Marketing - erst recht im Wahljahr, hielt der Verband an seiner Jahresmedienkonferenz am Donnerstag in Bern fest. Das Krisenmanagement des Bundes brauche eine Auffrischungskur und die Wirtschaftspolitik der Schweiz eine langfristige Strategie.
Die jüngeren Krisen legten "schonungslos offen, wo die Politik es versäumt hat, die Weichen vorausschauend und weise zu stellen", sagte Monika Rühl, Vorsitzende der Economiesuisse-Geschäftsleitung.
Die Führungskräfte der Unternehmen beschäftigten derzeit vor allem die Mängel bei der Digitalisierung, die demografische Entwicklung und die Dekarbonisierung. Hier gebe es "massiv Luft nach oben".
Echtzeitdaten fehlen
Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die Schweiz bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens "stellenweise ein Entwicklungsland" sei. Das gleiche gelte für den Energiesektor. Überall würden Echtzeitdaten fehlen. Massnahmen würden so zum "Blindflug" und zur "Pflästerlipolitik".
Wie in allen entwickelten Volkswirtschaften altere die Schweizer Bevölkerung, fuhr Rühl fort. Vor den Auswirkungen auf Arbeitsmarkt, Wirtschaftswachstum und Sozialwerke würden linke Kreise weiterhin die Augen verschliessen und jede konstruktive Diskussion etwa über die Erhöhung des Rentenalters kategorisch verweigern.
An der Dekarbonisierung führe kein Weg vorbei. Das sei längst bekannt. Zuerst bedeute der Ausstieg aus dem Erdöl einmal eine Elektrifizierung. Und nun reibe sich die Schweiz angesichts eines drohenden Strommangels die Augen.
Keine Weitsicht
So wie der Bundesrat heute das Land regiere, könne er keine "strategische Weitsicht" entwickeln, sagte Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder. Denn es gebe kaum ein Dossier, das nur ein einziges Departement betreffe.
Deswegen müsse sich der Bundesrat "als Team offensiv und konstruktiv um die wichtigen Themen mit grosser Tragweite kümmern. "Kompetenzgerangel und parteipolitisches Taktieren" lösten keine relevanten Probleme.
Wie falsch ein verengter Blick sei, beweise die Energiepolitik, sagte Mäder. Trotz absehbar steigendem Stromverbrauch habe das Volk 2017 auf Vorschlag der Landesregierung ein Bewilligungsverbot für neue Atomkraftwerke beschlossen, ein AKW sei vom Netz und ein Stromabkommen mit der EU in weiter Ferne.
Vor einem verengten Blick warnte Mäder auch in der Sicherheitspolitik und in der Europapolitik. Durch den Krieg in der Ukraine müsse sich die Schweiz auf eine zunehmend bipolare Welt einstellen.
In der Europapolitik sei das Personenfreizügigkeitsabkommen der Stein des Anstosses. Fakt sei, dass die Zuwanderung für die Wirtschaft nötig sei. Fakt sei aber auch das Unbehagen an der Zuwanderung. Deshalb gelte es das einheimische Arbeitskräftepotenzial besser zu nutzen.
(AWP)