In den letzten Wochen und Monaten hat sich Gold als das bewährt, was es seit langer Zeit ist: ein Krisenschutz. Schon vor dem völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar hatte das Edelmetall aufgrund der Spannungen an der ukrainisch-russischen Grenze in der Gunst der Anlegerinnen und Anleger zugelegt. Mit dem Ausbruch des Kriegs beschleunigte sich dann der Aufwärtstrend noch mal. In der vergangenen Woche war der Preis in der Spitze mit 2070 Dollar nur um fünf Dollar unter dem Rekord vom August 2020 geblieben.

Auch andere Edelmetalle wie Silber und vor allem Palladium, dessen Preis zuletzt eine wahre Kurs-Explosion erlebte, legten zuletzt stark zu und komplettieren damit die Edelmetall-Rally der letzten Wochen. Grund für den Palladium-Auftrieb sind drohende Versorgungsengpässe bei dem für die Autoindustrie wichtigen Edelmetall. Denn: Russland ist mit 40 Prozent wichtigster Palladium-Produzent. Die Sanktionen gegen die russische Wirtschaft schüren Ängste, dass es zu Produktionsstopps in der Autoindustrie kommen könnte. 

Goldpreis-Enwicklung in den letzten zwölf Monaten

Grafik: cash.ch

Doch Anlegerinnen und Anleger sollten vorsichtig sein, jetzt noch auf die laufende Edelmetall-Rally aufspringen zu wollen. Die Kurskorrekturen der letzten Tage haben gezeigt, dass der Markt zumindest phasenweise überkauft war. Allein Palladium büsste am Montag zeitweise bis zu 15 Prozent an Wert ein. Der Preis dürfte in Zukunft volatil bleiben und aufgrund des grossen Russland-Exposures auf jede Nachricht im Ukraine-Krieg reagieren. 

Chance bei Platin 

Vor diesem Hintergrund dürfte ein Investment in Platin hingegen interessant werden. Das weitaus günstigere Edelmetall kann in der Autoproduktion Palladium ersetzen. Dies ist aufgrund der hohe Palladium-Preise in der Vergangenheit bereits teilweise passiert. Der Preis für Platin ist weniger vom Krieg in der Ukraine abhängig und notiert nur leicht höher über dem Wert von vor zwei Jahren. Der derzeitige Krieg könnte dazu führen, dass noch mehr Autohersteller auf das günstigere Platin umschwenken. Vor diesem Hintergrund hat das Edelmetall noch Aufholpotenzial. 

Bei Palladium, Silber und Gold sollten Anlegerinnen und Anleger indes nicht davon ausgehen, dass hier die Bäume weiter in den Himmel wachsen. Insbesondere bei Gold spricht auch die lange Frist gegen ein überdurchschnittliches Kurspotenzial. 

Strategen der UBS warnen davor, derzeit grosse Long-Positionen bei Gold aufzubauen. Das Team um Giovanni Staunovo betont, dass Auswirkungen geopolitischer Unruhen auf den Goldpreis in der Regel nur von kurzer Dauer seien. Zudem werde der Grossteil dieser Gewinne bereits im Vorfeld oder zu Beginn des Ereignisses erzielt. Dass sich der Goldpreis seit seinem Peak von vor einer Woche im Rückwärtsgang befindet, scheint diese These zumindest vorerst zu bestätigen. 

Gold kein Renditebringer, aber dennoch wichtig 

Auch die angekündigten Zinserhöhungen der Fed, die den US-Dollar weiter stützen dürften, sprechen gegen grössere Kurssprünge bei Gold. Weil Gold in der Regel in Dollar notiert und gehandelt wird (Feinunze), macht ein starker Dollar das Edelmetall für Käufer ausserhalb der Dollar-Region teurer. Das hat in der Regel zur Folge, dass die Nachfrage nach Gold sinkt. Zweitens droht der Dollar in grossen Krisen Gold in seiner Funktion als sicherer Hafen zu übertrumpfen. 

Die UBS-Strategen gehen überdies von einer Erholung der Risiko-Sentiments bis zum Jahresende aus, was Gold als klassische "Risk-Off-Anlage" weniger attraktiv machen würde. Selbstverständlich hängt diese Prognose stark vom weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs ab, der kaum vorherzusehen ist. 

Auch wenn Gold kein grosser Renditebringer sein dürfte, heisst dies nicht, dass man dem Edelmetall den Rücken kehren sollte. Im Gegenteil: Als Absicherung gegen eine weitere Eskalation des Ukraine-Krieges ist Gold ein unerlässlicher Bestandteil jedes Depots. Auch im Hinblick auf die steigende Inflation, die noch uns noch länger beschäftigen dürfte, bietet Gold ein passendes Gegengewicht. Die UBS rät denn auch, das Edelmetall zu halten und sieht den fairen Wert des Edelmetalls bei 1955 Dollar. Dies entspricht in etwa dem aktuellen Kurs.