Vor erwarteter Gegenoffensive: Anschläge häufen sich

Der Gouverneur von Brjansk, Alexander Bogomas, schrieb von einem "unbekannten Sprengkörper", der explodiert sei. Verletzt worden sei ersten Erkenntnissen zufolge niemand. Wer hinter der mutmasslichen Sabotage steckte, war zunächst unklar.

Etwas später am Dienstagabend hiess es in russischen Telegram-Kanälen ausserdem, in der ebenfalls an die Ukraine grenzenden Region Belgorod habe eine Drohne nahe einer im Bau befindlichen Verteidigungsanlage einen Sprengsatz abgeworfen. Dabei sei ein Mann verletzt worden. Offiziell bestätigt wurde das zunächst nicht.

Russland führt seit mehr als 14 Monaten einen Angriffskrieg gegen die benachbarte Ukraine. In den vergangenen Wochen häuften sich Anschläge durch unbekannte Täter auf russische Infrastruktur und Versorgungswege. So geriet etwa am vergangenen Wochenende ein Treibstofflager auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch eine Drohnenattacke in Brand. Einige Beobachter vermuten dahinter eine Vorbereitung auf die ukrainische Gegenoffensive, deren Beginn bald erwartet wird.

Selenskyj: Müssen euro-atlantische Sicherheit stärken

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mahnte unterdessen mit Blick auf den bevorstehenden Nato-Gipfel im Juli den Zusammenhalt westlicher Staaten an. "Das Wichtigste, was uns verbindet, ist die Sicherheit für alle Europäer, Stabilität und daher die weitere Entwicklung und Stärkung der europäischen und euro-atlantischen Gemeinschaft", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.

Zuvor hatte Selenskyj bereits klargemacht, dass er von dem Gipfel in Vilnius erwarte, dass dort der Weg zur Aufnahme seines Landes in das westliche Militärbündnis freigemacht werde. Unterstützung bei seinen Forderungen bekommt Kiew insbesondere von mittel- und osteuropäischen Staaten wie Gipfelgastgeber Litauen. Dass Nato-Partner wie die USA zu einer konkreten Beitrittsperspektive für die von Russland angegriffene Ukraine bewegt werden können, gilt Diplomaten zufolge derzeit allerdings als unwahrscheinlich.

Selenskyj: Habe nicht vorab von US-Datenleck erfahren

Auch in anderer Hinsicht scheint die ukrainische Führung nicht glücklich über das Verhalten der US-Regierung zu sein. So wurde Selenskyj nach eigenen Angaben nicht vorab von den USA über das brisante Datenleck mit im Internet kursierenden Geheimdokumenten informiert. Das geht aus dem Auszug eines Interviews der "Washington Post" mit dem ukrainischen Präsidenten hervor, den die Zeitung am Dienstag auf ihrer Webseite veröffentlichte. "Ich bin vorab nicht aus dem Weissen Haus oder dem Pentagon informiert worden", sagte Selenskyj demnach. "Wir hatten diese Informationen nicht, auch ich persönlich hatte sie nicht." Das sei eindeutig eine schlechte Sache. In dem Bericht der "Washington Post" heisst es, Selenskyj habe aus den Nachrichten davon erfahren.

US-Medien hatten kurz vor Ostern erstmals über das Leck berichtet. Schon seit Wochen kursierten damals geheime Dokumente von US-Stellen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine im Internet - mit Informationen zu Waffenlieferungen, Einschätzungen zum Kriegsgeschehen und auch Details zu angeblichen Spähaktionen der USA gegen Partner. Ein 21 Jahre alter Angehöriger des US-Militärs steht im Verdacht, diese in einem geschlossen Chat-Raum veröffentlicht zu haben. Von dort aus verbreiteten sie sich weiter, bis auch Behörden und Medien darauf aufmerksam wurden. Der Mann muss sich vor Gericht verantworten. Die US-Behörden ermitteln weiter.

Selenskyj bezeichnete die Enthüllungen in dem Interview als unvorteilhaft für Kiew, für den Ruf des Weissen Hauses und der Vereinigten Staaten. Die "Washington Post" hatte unter Berufung auf Papiere aus dem Datenleck und eigene Quellen berichtet, dass die USA am erhofften Erfolg der geplanten Frühjahrsoffensive der Ukraine gegen die russischen Angreifer zweifelten.

EU-Kommission schränkt ukrainische Agrar-Importe ein

Im Streit um günstiges Getreide aus der Ukraine hat die EU-Kommission nach Druck aus mehreren EU-Staaten den Import von vier ukrainischen Agrarprodukten beschränkt. Bis zum 5. Juni dürfen Weizen, Mais, Rapssamen und Sonnenblumen in Bulgarien, Polen, Ungarn, Rumänien und der Slowakei nicht mehr frei gehandelt werden, wie die EU-Kommission mitteilte. Es sei aber weiterhin möglich, die landwirtschaftlichen Produkte durch die betroffenen Länder etwa in andere EU-Staaten zu bringen. Hintergrund des Konflikts ist unter anderem, dass sich Landwirte in besonders von den Importen betroffenen Staaten über die Konkurrenz beklagt hatten.

Aufgrund der kriegsbedingt stark eingeschränkten Exportwege über das Schwarze Meer ist die Ukraine derzeit weit stärker darauf angewiesen, Waren per Zug, Lkw oder Schiff auf den Weltmarkt zu bringen.

Was am Mittwoch wichtig wird

Während in Russland angesichts der sich häufenden Sabotageakte Nervosität herrscht, dauern in der Ukraine die Kämpfe an. Besonders stark sind die Gefechte weiter in der östlichen Stadt Bachmut./haw/DP/zb

(AWP)