Mit Massentests und Lockdowns könne die Lage nicht unter Kontrolle gebracht werden. "China muss seine Grenzen öffnen. Es verfügt über alle Mittel für ein grossartiges Comeback", so Schön-Behanzin.

Die chinesische Wirtschaft war wegen der strikten Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in der ersten Jahreshälfte unter Druck geraten. Mehrere Millionen Menschen waren von Ausgangssperren betroffen. Die Wirtschaftsmetropole Shanghai befand sich seit Anfang April für zwei Monate in einem Komplett-Lockdown. Zwar hat sich die Lage leicht gebessert, jedoch herrscht weiter grosse Unsicherheit.

Wie bereits im Vorjahr nannten EU-Firmen in der Umfrage zum Geschäftsklima die Corona-Massnahmen als das mit Abstand gravierendste Problem, mit dem sie in China konfrontiert seien. Eine ergänzende Umfrage, die erst nach dem grossen Lockdown von Shanghai und dem Ausbruch des Ukraine-Krieges von der Kammer durchgeführt wurde, zeigte eine nochmals deutlich verschlechterte Stimmung.

Beide Ereignisse hatten demnach "erhebliche destabilisierende Auswirkungen auf die China-Aktivitäten europäischer Unternehmen". Drei Viertel der Mitglieder berichteten, dass die strengeren Eindämmungsmassnahmen ihren Betrieb negativ beeinflusst hätten. 92 Prozent klagten über Lieferketten-Probleme, die etwa durch Hafenschliessungen und steigende Frachtkosten verursacht wurden. 23 Prozent der Befragten gaben an, darüber nachzudenken, neue Investitionen auf Eis zu legen.

Eine grosse Herausforderung ist es nach Aussage von Schön-Behanzin zudem, neues Personal aus Europa zu gewinnen. "Es ist schwierig, jemanden zu finden, der noch nach China reisen will." Lockdowns, lange Quarantänezeiten, sowie immer weniger verfügbare Flüge hätten einen wahren "Exodus" ausgelöst.

Um die Lage in China zu entspannen, empfahl die Kammer der Regierung, auf wirksamere mRNA-Impfstoffe zu setzen. Die Volksrepublik solle sich eher am Singapurer-Modell orientieren, sagte Schön-Behanzin. Auch der südostasiatische Stadtstaat hatte nach Beginn der Corona-Pandemie vor über zwei Jahren zunächst sehr strenge Massnahmen verhängt. Nachdem eine hohe Impfquote erreicht war, kehrte Singapur jedoch immer weiter zur Normalität zurück.

Neben den Corona-Massnahmen hatten die Unternehmen nach Darstellung der Kammer erneut mit zahlreichen weiteren Schwierigkeiten bei ihren Aktivitäten in China zu kämpfen. So gaben 43 Prozent der Firmen an, weiterhin unter Marktzugangsbeschränkungen oder regulatorischen Barrieren zu leiden. Mehr als jedes dritte Unternehmen gab an, im Vergleich zu in China heimischen Unternehmen schlechter behandelt worden zu sein. 14 Prozent der Unternehmen waren den Angaben zufolge gezwungen, Technologie an China zu übertragen./jpt/DP/men

(AWP)