Baerbock spielte damit darauf an, dass man in Europa lange geglaubt hatte, Russland werde es nicht wagen, die milliardenschweren Gasgeschäfte mit EU-Staaten durch einen Krieg gegen die Ukraine zu riskieren. Von China ist die EU derzeit unter anderem bei der Versorgung mit Rohstoffe wie seltenen Erden stark abhängig. Diese werden beispielsweise für die Produktion von E-Autos und Windrädern gebraucht.

Konkret sprach sich Baerbock wie andere Aussenminister dafür aus, die Sicherheitsrisiken durch diese Abhängigkeiten zu minimieren. Dabei muss es aus ihrer Sicht eine enge Zusammenarbeit der EU-Staaten geben. "Wir sind nicht die grössten Länder auf dieser Welt, aber die Europäische Union in Gänze, insbesondere der europäische Binnenmarkt, die haben natürlich eine Kraft und eine Stärke, die wir nicht unterschätzen sollten und (...) selbstbewusst auch nutzen sollten", sagte sie. "Unsere Stärke ist unser Miteinander."

Zugleich betonte Baerbock, dass es nicht darum gehe, die Wirtschaftsbeziehungen zu China abzubrechen. "Wir als Europäer wollen keine Entkopplung", sagte sie.

Andere Aussenminister äusserten sich ähnlich oder gingen sogar noch einen Schritt weiter. So warb Litauens Aussenminister Gabrielius Landsbergis dafür, sich auch mit Extremszenarien zu beschäftigen - also zum Beispiel einer Situation, in der die Wirtschaftsbeziehungen zu China wegen des chinesischen Angriffs auf Taiwan abgebrochen würden.

"Jede einseitige Änderung des Status quo und Gewaltanwendung könnte massive wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Folgen haben", warnte auch der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell in einem Diskussionspapier zu dem Treffen. Zudem machte er deutlich, dass die Beziehungen zwischen der EU und China aus seiner Sicht erst dann wieder weiterentwickelt werden können, wenn China Russland drängt, sich aus der Ukraine zurückzuziehen.

Unklar blieb unterdessen, ob und wenn ja die EU auf die mutmassliche Umgehung ihrer Russland-Sanktionen über chinesische Unternehmen reagieren wird. Vor dem Hintergrund entsprechender Vorwürfe hatte die EU-Kommission zuletzt für das elfte Sanktionspaket vorgeschlagen, die rechtliche Möglichkeit zu schaffen, ausgewählte Exporte in bestimmte Drittstaaten einzuschränken.

Nach Angaben von Diplomaten wird der Vorstoss allerdings nicht von allen EU-Staaten uneingeschränkt positiv bewertet. Als Gefahr gilt demnach, dass manche Mitgliedstaaten wegen möglicher Vergeltungsmassnahmen am Ende nicht den Mut oder den Willen haben könnten, Länder wie China auf eine solche Liste zu setzen. In diesem Fall würde das Instrument nur dann helfen, wenn es schon durch seine blosse Existenz eine abschreckende Wirkung entfaltet. Das liegt daran, dass für die Listung jedes Landes und jedes Produktes die Zustimmung aller 27 EU-Staaten notwendig wäre.

Der litauische Aussenminister Landsbergis räumte dieses Problem in Schweden offen ein. "Ich bin mir nicht sicher, ob ein landbezogenes Verbot effizient wäre", sagte er. Und fügte auf die Frage nach dem Warum hinzu: "Ich denke nicht, dass wir uns darauf einigen könnten."

Zu den Ländern, für die China wirtschaftlich sehr wichtig ist, gehört dabei auch Deutschland. Die Volksrepublik war im vergangenen Jahr zum siebten Mal in Folge der wichtigste Handelspartner der Bundesrepublik - noch vor den USA. So wurden 2022 nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts Waren im Wert von 298,6 Milliarden Euro gehandelt (Exporte und Importe).

Estlands Aussenminister Margus Tsahkna sagte in Stockholm zu dem Thema: "Wir sind wirtschaftlich zu abhängig." China nutze dies auch politisch. Dies müssen man anerkennen und gemeinsam darauf reagieren./aha/DP/ngu

(AWP)