Wegen mutmasslicher Korruption, Geldwäsche und Einflussnahme aus dem Ausland ermittelt die belgische Justiz seit Monaten im Umfeld des Europaparlaments. Seit Freitag wurden sechs Verdächtige festgenommen, von denen zwei wieder auf freiem Fuss sind. Der Termin der Haftprüfung für Eva Kaili wurde auf nächste Woche verschoben. Gegen sie ermittelt nun auch die griechische Staatsanwaltschaft wegen mutmasslicher Geldwäsche und Bestechung.

Der nun geständige Lebensgefährte der 44 Jahre alten Griechin ist bislang Assistent im Büro eines italienischen Abgeordneten. Dem Bericht zufolge beschuldigte er in seiner Aussage den früheren Parlamentarier Antonio Panzeri aus Italien, Kopf der mutmasslichen Organisation gewesen zu sein. Beide sitzen in Untersuchungshaft. Seine eigene Rolle sei gewesen, Bargeld zu verwalten, heisst es dem Bericht zufolge in der Aussage. Zwei Abgeordnete hätten von Panzeri Geld erhalten. Dessen Anwalt antwortete auf "Le Soir"-Anfrage, er verfüge nicht über diese Informationen.

"Le Soir" und "La Repubblica" berichteten zudem, dass die Ermittlungen sich neben dem Golfstaat Katar auch auf Marokko richteten. Im Europäischen Haftbefehl, der vergangene Woche für Panzeris Frau und Tochter ausgestellt worden sei, werde auch das nordafrikanische Land verdächtigt, "bei Abgeordneten des Europäischen Parlaments zugunsten von Katar und Marokko gegen Bezahlung politisch interveniert zu haben". Auch der marokkanische Geheimdienst sei einbezogen gewesen.

Angesichts dieser Vorwürfe versprach Parlamentspräsidentin Metsola am Donnerstag lückenlose Aufklärung. "Ich werde diese Arbeit persönlich leiten", sagte sie. Im neuen Jahr solle ein umfassendes Reformpaket vorgelegt werden. Unter anderem soll es strengere Regeln für Organisationen und Vertreter von Drittstaaten geben, die sich mit Parlamentariern treffen wollen. Auch einen besseren Schutz für Whistleblower kündigte sie an.

"Es wird keine Straffreiheit geben. Es wird nichts unter den Teppich gekehrt. Es wird kein "business as usual" geben", betonte Metsola. Die Vorwürfe seien ein Schlag gegen alles, woran man seit vielen Jahren gearbeitet habe. "Es braucht Jahre, um Vertrauen aufzubauen, und nur einen Moment, um es zu zerstören", sagte Metsola.

Auch das Parlament gab sich hinsichtlich einer Aufarbeitung am Donnerstag entschlossen. So stimmten die Abgeordneten fast einstimmig dafür, das Lobbyregister auszubauen, ein Ethikgremium einzurichten und die gesamte Arbeit zu Katar einzustellen. Wenn die strafrechtlichen Ermittlungen vorbei seien, solle auch ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden, hiess es in einer mit nur zwei Gegenstimmen verabschiedeten Resolution./wim/DP/men

(AWP)