Besonders viel steht für Geldhäuser in Italien, Frankreich und Österreich auf dem Spiel. Nach Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hatten allein italienische und französische Institute im dritten Quartal 2021 ausstehende Forderungen in Russland von je rund 25 Milliarden Dollar. Bei österreichischen Banken sind es demnach 17,5 Milliarden, mehr als bei US-Geldhäusern mit 14,7 Milliarden. Die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) hat schon Vorsorge für den Fall neuer Russland-Sanktionen getroffen.

Das Wiener Institut blickt zwar trotz der drohenden Strafmassnahmen gegen Russland zuversichtlich auf die kommende Geschäftsentwicklung. Mit Russland als seinem wichtigstem Einzelmarkt gehört der Finanzkonzern aber zu einer Handvoll europäischer Geldhäuser, die laut einer JPMorgan-Studie Russland-Sanktionen besonders zu spüren bekommen könnten.

Das gilt auch für die italienische Muttergesellschaft der HypoVereinsbank, UniCredit, die jüngst Pläne zur Übernahme der russischen Otkritie Bank aufgegeben hat. Auch ING aus den Niederlanden und Societe Generale aus Frankreich stecken tief im Russland-Geschäft, zeigen sich bisher aber gelassen. UniCredit war für eine aktuelle Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Nach der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 haben die USA und die EU bereits Sanktionen gegen Russland verhängt. Einzelpersonen wurden auf schwarze Listen gesetzt, um den Zugang staatlicher Finanzkonzerne zu westlichen Kapitalmärkten zu begrenzen. Zudem gibt es Einschränkungen in bestimmten Handelsbereichen, wie bei Waffen und Technologie für die Ölindustrie. Laut der BIZ hat sich das Russland-Exposure ausländischer Banken seitdem mehr als halbiert.

Helaba-Vertreter in Moskau: Swift-Ausschluss «Art Atombombe»

Europäische Banken blicken nun besonders auf die Entwicklungen in den USA, wo eine Gesetzesvorlage die grössten russischen Geldhäuser verstärkt ins Visier nimmt. Die EU droht Russland mit massiven Wirtschaftssanktionen, doch Diplomaten zufolge sind die geheimen Abstimmungen unter den 27 EU-Mitgliedsstaaten noch längst nicht abgeschossen. Experten rechnen damit, dass sich die Massnahmen gegen russische Finanzinstitute, den Energiesektor sowie weitere Unternehmen und Personen im Umfeld von Präsident Wladimir Putin richten werden.

Besondere Sorgen bereitet Bankern aber ein Ausschluss Russlands aus dem internationalen Banken-Zahlungssystem Swift, der als eine der schärfsten Massnahmen ebenfalls im Gespräch ist. Das System wird von mehr als 11'000 Finanzinstitutionen in über 200 Ländern genutzt und ist wichtig für den globalen Geldfluss.

Ein Swift-Ausschluss Russlands wäre eine "Art Atombombe", sagte Heinrich Steinhauer, der die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) in Moskau vertritt, zu Reuters. Sie käme einem gigantischen Schuldenerlass für russische Kunden gleich, weil Rückzahlungen von Verbindlichkeiten an die Banken nicht mehr möglich wären. "Für viele wäre das eine Katastrophe", so Steinhauer. Dies gelte vor allem für die EU und Russland, aber nicht so sehr für die USA, weil es hier weniger Wirtschaftsbeziehungen zu Russland gebe.

Laut Banken-Professor Jan Pieter Krahnen von der Frankfurter Goethe-Universität sind die kurzfristigen Folgen einer Swift-Sperre für Russland unklar. Zudem hält Krahnen ungewollte Konsequenzen einer solchen Massnahme für möglich, langfristig auch die Entstehung von Parallel-Systemen zu Swift.

(Reuters)