Der 63 Jahre alte Ex-Finanzminister will "den Staat wie eine Firma lenken" - Babis wird in den Medien deshalb auch "der tschechische Donald Trump" genannt. Im Wahlkampf hatte sich der gebürtige Slowake als Euroskeptiker, scharfer Kritiker der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gegner einer tieferen EU-Integration profiliert.

Kommentatoren sprachen nach der Wahl von einem "politischen Erdbeben" und einem "Hurrikan". Die Sozialdemokraten (CSSD), die bisher den Regierungschef gestellt hatten, erlebten ein Debakel. Sie stürzten trotz einer boomenden Wirtschaft von 20,5 Prozent auf 7,3 Prozent ab.

Stark zulegen konnte dagegen auch die rechtsradikale SPD - das Kürzel steht im Tschechischen für Freiheit und direkte Demokratie. Sie kam auf 10,6 Prozent. "Wir wollen jegliche Islamisierung Tschechiens stoppen", sagte Parteichef Tomio Okamura. Die Wahlbeteiligung war mit 60,8 Prozent etwa gleich hoch wie 2013. Das geht aus dem am Samstag veröffentlichten vorläufigen Ergebnis der Statistikbehörde CSU hervor.

Aufgrund der Sitzverteilung braucht die ANO-Partei zwei Partner zum Regieren. Er habe alle Parteichefs per SMS zu informellen Gesprächen eingeladen, sagte Babis schon am Wahlabend vor jubelnden Anhängern in Prag. Als erste kamen die Kommunisten (7,8 Prozent) und der Bürgermeisterpartei STAN (5,2 Prozent) an die Reihe.

Populisten verschiedener Strömungen hatten zuletzt auch in anderen europäischen Ländern Zulauf bekommen. Vor einer Woche erhielt die rechtspopulistische FPÖ bei der Nationalratswahl in Österreich 25,97 Prozent der Stimmen. Im September schaffte die AfD erstmals den Einzug in den Bundestag. Bei der Präsidentenwahl in Frankreich kam Marine Le Pen von der rechtsextremen Front National bis in die Stichwahl, verlor aber gegen Emmanuel Macron.

Seinen Gegnern und den Medien warf der zweitreichste Tscheche am Wahlabend eine "Desinformationskampagne" vor. "Wir sind keine Gefahr für die Demokratie", sagte Babis im Sender CT. Seine Bewegung sei auch nicht "nach Osten orientiert".

Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn kritisierte den Anti-Flüchtlingskurs des neuen starken Manns in Prag. "1968 waren wir in vielen EU-Ländern, auch in Luxemburg, stolz darauf, Flüchtlingen aus der damaligen Tschechoslowakei eine Chance für ein neues Leben zu geben", sagte der Sozialdemokrat dem "Tagesspiegel" (Montagsausgabe). Nach dem Einmarsch des Warschauer Pakts und der Niederschlagung der Demokratiebewegung Prager Frühling im August 1968 waren mehr als 80 000 CSSR-Bürger in den Westen geflohen.

Erstmals in der Geschichte der noch jungen Demokratie in Tschechien ermittelt die Polizei gegen einen Wahlsieger. Babis wird des EU-Subventionsbetrugs in Millionenhöhe verdächtigt. Viele Parteien lehnen daher eine Zusammenarbeit mit ihm persönlich ab.

Zweitstärkste Kraft wurden die konservativen Bürgerdemokraten (ODS) mit 11,3 Prozent (plus 3,6 Punkte). Ihr Vorsitzender Petr Fiala schloss ein Bündnis mit Babis aus. "Wir werden einen Kampf führen um Werte, einen Kampf um die aussenpolitische Ausrichtung Tschechiens, einen Kampf um alles, was bisher als selbstverständlich galt", sagte der frühere Hochschulrektor.

Für eine Überraschung sorgte die Piratenpartei: Sie schaffte mit 10,8 Prozent der Stimmen erstmals den Einzug ins Abgeordnetenhaus. Der Parlaments-Newcomer war im Wahlkampf gegen die grassierende Korruption und für die Legalisierung von Drogen wie Haschisch und Marihuana eingetreten.

Wahlsieger Babis ist Gründer eines Firmenimperiums, das bedeutende Tageszeitungen und den meistgehörten Privatradiosender "Impuls" umfasst. Kritiker warnen daher vor einer nie da gewesenen Konzentration medialer, politischer und wirtschaftlicher Macht. Sie sehen Parallelen zum italienischen Ex-Premier Silvio Berlusconi.

In Europa dürfte zudem die Angst vor einem wachsenden Graben zwischen dem westlichen und östlichen Teil der EU grösser werden. Babis bezeichnete den österreichischen Wahlsieger Sebastian Kurz bereits als einen weiteren "Verbündeten" der Visegrad-Gruppe im Kampf gegen die EU-Flüchtlingspolitik. Zu den Visegrad-Vier zählen neben Tschechien auch Polen, Ungarn und die Slowakei.

Der Politologe Jiri Pehe sieht in Babis indes keinen Nationalisten vom Schlag eines Jaroslaw Kaczynski in Polen oder eines Viktor Orban in Ungarn. Babis habe keine festen Überzeugungen oder Ideen, sondern wolle seinen eigenen Reichtum mehren, sagte Pehe der Deutschen Presse-Agentur. "Er ist ein typischer egozentrischer Oligarch mit einem leichten Sendungsbewusstsein - darin ähnelt er mehr Trump oder Berlusconi als den Herren aus der Visegrad-Gruppe."

Im Januar steht bereits die nächste grosse Wahl in Tschechien an: Dann entscheiden die rund 8,4 Millionen Wahlberechtigten über den künftigen Präsidenten. Umfragen sehen Amtsinhaber Milos Zeman derzeit als Favoriten./hei/DP/he

(AWP)