Die Notübernahme der Schweizer Grossbank Credit Suisse durch den Konkurrenten UBS und die Schieflage einiger kleinerer US-Institute hatten Sorgen auch um die Banken der Eurozone geschürt. Der europäische Bankensektor sei dank starker Kapital- und Liquiditätspositionen widerstandsfähig, sagte Lagarde. Die EZB sei angesichts der aktuellen Marktspannungen bereit, das Finanzsystem erforderlichenfalls mit Liquiditätshilfen zu unterstützen und die reibungslose Transmission der Geldpolitik aufrechtzuerhalten. "Eines steht fest: Es gibt keinen Zielkonflikt zwischen Preis- und Finanzstabilität", bekräftigte Lagarde.

Die EZB hatte vergangene Woche trotz der Turbulenzen den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte angehoben. Für die Zukunft legte sich die Notenbank angesichts der aktuell hohen Unsicherheit nicht fest. Lagarde machte deutlich, dass sich die Währungshüter nach Wirtschaftsdaten richten werden. "Wenn sich das Basisszenario unserer jüngsten Projektionen bestätigen sollte, bleibt noch einiges zu tun, um sicherzugehen, dass wir den Inflationsdruck beseitigt haben", bekräftigte die EZB-Präsidentin. Nach Einschätzung der EZB ist vor allem die Kerninflation - die Teuerung ohne stark schwankende Energie- und Nahrungsmittelpreise - nach wie vor hoch.

Nach Einschätzung von Bundesbankpräsident Nagel liegt noch ein Stück Weg vor der EZB. Zugleich räumte Nagel im Interview mit der "Financial Times" ein, dass sich die Zinsen dem restriktiven Bereich näherten. Darunter verstehen Ökonomen ein Niveau, ab dem die Zinsen die wirtschaftliche Aktivität bremsen.

Nagel unterstrich, dass die EZB Rufen nach baldigen Zinssenkungen widerstehen müsse, wenn der Zinsgipfel erst einmal erreicht sei. Ansonsten drohe die hohe Teuerung wieder aufzuflammen. "Unser Kampf gegen die Inflation ist noch nicht vorbei", sagte der Bundesbankchef, der im geldpolitischen Rat der EZB sitzt.

Die Euro-Währungshüter streben für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. Diese Zielmarke ist seit Monaten weit entfernt. Im Februar lag die Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum bei 8,5 Prozent nach 8,6 Prozent im Januar. Angeheizt wurde die Teuerung zunächst vor allem von gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen. Inzwischen erfasst der Preisanstieg immer weitere Bereiche des Lebens./mar/bgf/DP/bgf

(AWP)