Einige hofften auf eine Entscheidung über ein allmähliches Zurückfahren der Bondbestände im Dezember, wie vier mit den Überlegungen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Ein solcher Bilanzabbau der EZB würde grosse Auswirkungen auf die Anleihenmärkte haben. Denn die Euro-Notenbank war in den vergangenen Jahren ein grosser Aufkäufer auf dem Markt. Der Schritt hätte wahrscheinlich zur Folge, dass die Finanzierungskosten für Staaten und Unternehmen im Euro-Raum steigen.

Die Diskussionen würden wahrscheinlich auf einer Sitzung des EZB-Rats am 5. Oktober in Zypern beginnen, sagten die Insider. Sie könnten dann voraussichtlich auf der Zinssitzung drei Wochen später fortgesetzt werden. Einige erwarteten eine Entscheidung bis zum Jahresende. Andere Euro-Wächter würden dagegen keine Eile sehen, da sie die Zinsen derzeit als das zentrale geldpolitische Instrument betrachteten. In der Fachwelt wird der Bilanzabbau über eine Verringerung der Anleihenbestände häufig als quantitative Straffung (QT - Quantitative Tightening) bezeichnet.

«Angemessenen geldpolitischen Kurs»

Ein Sprecher der EZB erklärte zu den Informationen, der EZB-Rat habe bislang weder inhaltlich noch über einen Zeitpunkt einer künftigen quantitativen Straffung diskutiert. Bislang stellt die Euro-Notenbank in Aussicht, auslaufende Anleihen aus ihrem Ankaufprogramm APP auch nach der ersten Zinserhöhung für eine längere Zeit wieder durch neue Anleihen zu ersetzen. Die Währungshüter wollen dies so lange fortsetzen wie nötig, um reichliche Liquidität zu gewährleisten und "einen angemessenen geldpolitischen Kurs" aufrechtzuerhalten.

Die EZB hatte die Zinswende im Juli eingeleitet und am Donnerstag die Zinsen bereits zum zweiten Mal in Folge angehoben. Die EZB will zudem fällig gewordene Anleihen im Rahmen ihres Pandemie-Ankaufprogramms PEPP bis mindestens Ende 2024 wieder durch neue Bonds ersetzen. Einer der Insider hielt es für unwahrscheinlich, dass daran etwas geändert wird.

Manche Euro-Wächter erachteten eine Verringerung der APP-Bestände über ein Auslaufenlassen der Papiere als einen logischen nächsten Schritt, hiess es. Andere befürchteten dagegen, dass dadurch die Renditen langlaufender Staatsanleihen zu schnell ansteigen könnten. Zudem hätten sie mögliche Auswirkungen auf die Marktliquidität im Blick. In den USA ist bei der US-Notenbank die Verringerung der Anleihenbestände bereits voll im Gange. Die Fed hatte im Juni damit begonnen. Diesen Kurs will sie sogar noch verstärken, indem sie das monatliche Kürzungsziel ab diesem September auf 95 Milliarden Dollar erhöht hat. 

(Reuters)