Die Untersuchung war am Donnerstag angekündigt worden, nachdem im Ständerat Fragen zu den Nachtragskrediten für Impfstoff aufgetaucht waren. Die Zuständigen im Departement des Innern (EDI) und im Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) nahmen über die Pfingsttage alle Kredite und Verträge unter die Lupe.

Die Überprüfung der Verträge ergab, dass sich die Vertragsabschlüsse mit Impfstoffherstellern in zwei Fällen nicht auf einen vom Parlament bewilligten Verpflichtungskredit abstützen konnten. Ein bereits bekannter Fall bezieht sich auf das Jahr 2020.

Ein zweiter Fall bezieht sich auf Anfang Mai 2021. Als damals der Vertrag unterzeichnet wurde, hatte das Parlament den Verpflichtungskredit noch nicht gesprochen. Ein Kreditvorbehalt galt bis Ende Mai 2021. Doch das Parlament bewilligte die nötigen Mittel erst am 7. Juni 2021. Eine Administrativuntersuchung soll nun klären, ob auch anders hätte vorgegangen werden können. Deren Ergebnisse werden voraussichtlich im August vorliegen.

"Parlament aussen vor gelassen"

Die zuständige Nationalratskommission reagierte harsch auf die ersten Erkenntnisse der Untersuchungen. "Die Finanzkommission ist bestürzt und bedauert es massiv, dass es zu Versäumnissen gekommen ist", sagte Vizepräsidentin Sarah Wyss (SP/BS) am Mittwoch nach einer frühmorgendlichen Sitzung.

Die Fehler führen unter anderem dazu, dass das Parlament den vom Bundesrat beantragten Nachtragskredit für das Jahr 2022 in Höhe von 172 Millionen nicht mehr ohne Konsequenzen kürzen kann. Hier fehle in den Verträgen mit den Impfstoffherstellern ein Vorbehalt für den Fall, dass der Kredit vom Parlament gestrichen oder gekürzt werden sollte.

"Es liegt ein klares Versäumnis vor, indem das Parlament aussen vor gelassen wurde", sagte Wyss. Zwar sei das wohl nicht mit Absicht geschehen. Trotzdem habe das Parlament dadurch weniger Handlungsspielraum.

Vertragsbruch verhindern

Dem Parlament bleibt nun nichts anderes übrig, als die 172 Millionen Franken für die Impfstoffbeschaffungen zu bewilligen. Bei einer Kürzung unter diesen Betrag würde die Eidgenossenschaft vertragsbrüchig und der Bundesrat müsste entscheiden, ob er die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen tragen oder dem Parlament eine Kreditüberschreitung beantragen will.

Der Nationalrat beschloss nun, den Nachtragskredit bei rund 234 Millionen Franken festzulegen - darin sind die erwähnten 172 Millionen Franken enthalten. Die grosse Kammer folgte damit ihrer Finanzkommission.

Nur die SVP wollte weniger Geld bereitstellen als vertraglich vereinbart wurde. "Wir haben die Verträge nicht unterzeichnet und sollten daher auch nicht klein beigeben", sagte Sandra Sollberger (SVP/BL). Es gelte, bessere Verträge auszuhandeln.

Pirmin Schwander (SVP/SZ) sprach sogar von einem "Skandal", der einen Marschhalt zur Folge haben müsse. Erst nach Aufarbeitung der Geschehnisse könne seriös über das weitere Vorgehen entschieden werden.

Neue Verträge bei Kürzung

Angesichts des Überangebotes in der Schweiz hatte der Ständerat jüngst entschieden, für Impfstoffe gegen Covid-19 weniger Geld bereitzustellen als der Bundesrat. Er beschloss auch, den zusätzlichen Verpflichtungskredit fürs nächste Jahr von 780 Millionen Franken auf noch 300 Millionen Franken zu kürzen.

Davon will der Nationalrat nichts wissen. Er beliess den Verpflichtungskredit auf dem vom Bundesrat festgelegten Betrag. Alex Farinelli (FDP/TI) plädierte erfolgreich dafür, an der bisherigen Impfstrategie festzuhalten. Andernfalls seien Engpässe nicht ausgeschlossen.

Die Kommissionsmehrheit wollte den Kredit auf 672 Millionen Franken kürzen. Dies hätte dazu geführt, dass die vertraglich bestellten Impfstoffmengen für das nächste Jahr hätten angepasst werden müssen. Bei jeder Kürzung müssten neue Verträge mit den Herstellern Moderna und Pfizer/Biontech ausgehandelt werden.

Das EDI schreibt, dass in einem solchen Fall keine Garantien gegeben werden könnten, ob in solchen Neuverhandlungen die Intentionen des Parlaments - beispielsweise betreffend die Richtwerte der zu sichernden Dosen - eingehalten würden. Weitere Konsequenz der Ausübung des Parlamentsvorbehalts wäre, dass eine bereits geleistete Reservationsgebühr im Umfang von rund 23 Millionen Franken verfallen würde.

Das Geschäft geht zurück an den Ständerat.

mk/

(AWP)