Der "Frankenschock" ist schon über siebeneinhalb Jahre her. Doch vielen ist er noch lebhaft in Erinnerung. Die Nationalbank beendete am 15. Januar 2015, einem Donnerstagvormittag, Knall auf Fall die seit September 2011 geltende Politik, den Euro-Franken-Kurs nicht unter ein Verhältnis von 1 zu 1,20 sinken zu lassen. Der Schritt warf Wellen über die Finanzmärkte auf der ganzen Welt. Im initialen Schock über den SNB-Entscheid fiel der Euro kurzzeitig auf 85 Rappen. 

Der Euro-Kurs erholte sich an jenem dramatischen Januartag innert Stunden wieder auf über einen Franken und erreicht 2018 gar für einen Moment wieder das Level von 1,20. Doch die "tiefen Neunziger oder hohen Achtziger", wie es Goldman-Sachs-Ökonomen in einem Kommentar formulierten, also auch ein Euro irgendwo zwischen 85 und 90 Rappen, könnte bald wieder Realität sein. 

Die SNB werde von entschiedenen Zinserhöhungen nicht abweichen, schreiben die Experten. Im Juni ist der Leitzins von -0,75 auf -0,25 Prozent angehoben worden. Im September könnte er auf 0,25 Prozent angehoben werden. Die Europäische Zentralbank tut sich mit Zinsschritten etwas schwerer. 

Ein Abgleiten unter die 90-Rappen-Linie wird laut Goldman Sachs dann realistisch, wenn die Eurozone in die Rezession fällt. Von einer solchen gehen die Ökonomen der New Yorker Bank auch aus.

Der russische Krieg gegen die Ukraine, eine sehr hohe Inflation, Konjunktursorgen und nicht zuletzt eine angespannte politische Lage in Italien, die zum Rücktritt von Regierungschef Mario Draghi geführt hat, setzen den Euro unter Druck. Indem die SNB stärker auf Inflationsbekämpfung setzt, hat sie einen Teil der Aufwertung des Frankens in den vergangenen Wochen zugelassen. 

Im Moment notiert der Euro bei 0,9620 Rappen. Ein weiterer Rückgang auf mindestens 90 Rappen ist aus Sicht mancher Ökonomen realistisch. "Diese 0,90 Franken sind nicht nur theoretischer Natur, mittelfristig laufen wir also auf diesen Wert zu", sagte der Chefökonom der VP Bank in Liechtenstein, Thomas Gitzel, im Gespräch mit cash.ch im Juli. 

In einer Umfrage ebenfalls Anfang Juli gaben 30 Prozent der Leserinnen und Leser von cash in einer Umfrage an, dass der Euro in Richtung 90 Rappen fallen werde. Ebenfalls 30 Prozent sahen bei etwa 95 Rappen das absehbar unterste Level des Wechselkurses

Mit Material der Nachrichtenagentur Bloomberg.