EZB-Direktorin Isabel Schnabel hält eine erste Anhebung im Juli für möglich. Zurzeit steht jedoch noch die Null beim Zins für das Hauptrefinanzierungsgeschäft in der Euro-Zone, während in den USA nun eine Eins die obere Grenze des Zinskorridors markiert. Insgesamt habe die aktuelle Notenbankpolitik der Fed zur Bekämpfung des Preisauftriebs sehr gute Noten verdient, meint der Chefvolkswirt der Targobank, Otmar Lang: "Die EZB sollte sich daran ein Beispiel nehmen: Frau Lagarde, so geht das!"

Laut Powell will die Notenbank "zügig" zu einem neutralen Zinsniveau gelangen, das die Konjunktur weder ankurbelt noch bremst. Dies sei irgendwo zwischen 2 und 3 Prozent anzusiedeln, erläuterte Powell: "Falls wir es für angemessen halten, werden wir nicht zögern, über neutral hinauszugehen", fügte er hinzu. Die Fed wolle handfeste Anzeichen dafür sehen, dass die Inflation unter Kontrolle sei. Zinsschritte im Umfang von mehr als einem halben Prozentpunkt, über die im Vorfeld der Sitzung spekuliert worden war, werden laut Powell derzeit allerdings nicht erwogen.

«Sanfte Landung»

"Weitere Leitzinserhöhungen sind unterwegs, die mit der üblichen Wirkungsverzögerung die Konjunktur bremsen werden", prophezeit Ökonom Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Die Wirtschaft hatte zu Jahresbeginn überraschend einen Durchhänger und schrumpfte im ersten Quartal um aufs Jahr hochgerechnet 1,4 Prozent. Powell hält die US-Konjunktur allerdings für stark und erwartet ein solides Wachstum in diesem Jahr. Nichts deute daraufhin, dass die Wirtschaft in Richtung Rezession unterwegs sei.

Die Fed stehe 2022 vor dem Balanceakt die Rekordinflation mit einer restriktiveren Geldpolitik einzufangen, ohne Gefahr zu laufen die Konjunktur zu stark abzuwürgen, meint KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Eine solche "sanfte Landung" sei ein äusserst heikles Unterfangen, das der Fed in den vergangen 60 Jahren lediglich ein einziges Mal vollständig gelungen sei. Powell gab sich zuversichtlich, "eine eher sanfte Landung" hinzubekommen. "Die Bekämpfung der hohen Inflation steht für die Fed allerdings an erster Stelle", sagte Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner: "Zwischen den Zeilen ist da zu lesen, dass man notfalls auch eine Rezession riskieren werde."

Die US-Aktienmärkte legten nach den Erklärungen Powells kräftig zu. Hatten sie zuvor nur moderat im Plus gelegen und war die Nasdaq nach Bekanntgabe des Zinsentscheids zunächst gar ins Minus gerutscht, notierten die grossen Indizes kurz vor Handelsschluss jeweils rund drei Prozent fester. Es wurde positiv aufgenommen, dass die Fed wohl auch künftig keine grösseren Zinsschritte als jeweils 0,5 Prozentpunkte plant. 

Die US-Notenbank Fed bekämpft die hohe Inflation mit dem grössten Zinssprung seit 22 Jahren und will weitere folgen lassen. Die Währungshüter beschlossen am Mittwoch einstimmig eine Erhöhung um einen halben Prozentpunkt auf die neue Zins-Spanne von 0,75 bis 1,00 Prozent.

Fed-Chef Jerome Powell betonte, die Notenbank habe die Instrumente und sei entschlossen, den Preisauftrieb zu senken. Er signalisierte auch für die nächsten beiden Sitzungen im Juni und Juli Zinssprünge von einem halben Punkt. An den Terminmärkten wird für das Jahresende mit einem Zinsniveau von mindestens 2,75 Prozent gerechnet.

Powell: Inflation ist zu hoch

Powell räumte offen ein, dass die Preissteigerungen "viel zu hoch" sei und den Bürgern beträchtliche Probleme bereiteten. "Die Fed demonstriert, dass sie es nunmehr wirklich ernst meint damit, den Inflationsgefahren geldpolitisch entgegenzutreten", erklärte LBBW-Ökonom Elmar Völker. Die Notenbank sieht sich mit rasant steigenden Preisen konfrontiert. Die Teuerungsrate erreichte zuletzt mit 8,5 Prozent den höchsten Stand seit über 40 Jahren - auch befeuert durch neue Energiepreisschübe infolge des Ukraine-Krieges. Das nagt an der Kaufkraft der Verbraucher, womit eine gefährliche Lohn-Preisspirale in Gang kommen kann.

Flankiert wird der Kampf gegen die Teuerung von einem Abbau der in der Corona-Krise auf rund neun Billionen Dollar aufgeblähten Bilanz der Fed. Dieses Manöver soll im Juni starten, wie die Notenbank nun beschloss. Zunächst soll das Portfolio um bis zu 47,5 Milliarden Dollar pro Monat schrumpfen, ab September soll das Abbau-Tempo auf bis zu 95 Milliarden Dollar gesteigert werden.

(Reuters/cash)