Eine einzige Stromrechnung genügte, um die Freude von Dimitris Diavatis über steigende Buchungen für seine Ferienanlage auf Korfu nach zwei Jahren Corona-Krise zu vertreiben. Die Kosten waren mehr als doppelt so hoch wie letztes Jahr um diese Zeit, als das Hotel noch nicht einmal geöffnet war. "In einem guten Jahr werden wir keinen Gewinn machen", befürchtet der Hotelbesitzer. "Er wird von der Inflation aufgefressen."
Rund ums Mittelmeer stehen die Zeichen für die stark vom Tourismus abhängigen Länder auf Erholung. Doch die mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine nach oben schnellenden Energiepreise heizen die Inflation noch stärker an. Auch mit Personalmangel hat die hart von der Pandemie getroffene Branche zu kämpfen.
Branchenexperten in Griechenland erwarten für 2022 Einnahmen von 80 bis 90 Prozent des Rekordjahres 2019, als 33 Millionen Touristen 18 Milliarden Euro einbrachten - damals ein Fünftel der Wirtschaftsleistung des Landes. Der Reisekonzern TUI zum Beispiel will aus Deutschland drei Millionen Gäste nach Griechenland bringen, sogar 200'000 mehr als 2019, und startet wegen hoher Buchungen sein Programm schon Anfang April. Griechenland eröffnet die Tourismussaison in diesem Jahr dank hoher Nachfrage bereits am 1. März. Der Arbeitsmarkt ist in der Beherbergungsbranche unterdessen so leergefegt, dass der Tourismusminister Fliehenden aus der Ukraine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse anbot, um 50'000 freie Stellen zu besetzen.
Eine gute Woche nach Beginn der Invasion Russlands hat es in der gesamten Region keinen merklichen Anstieg der Stornierungen gegeben. Wenn Touristen aus Russland im Sommer noch immer wegen der Luftraumsperrung der EU-Länder nicht fliegen können, trifft es vor allem die Türkei, aber kaum Griechenland.
Hilferufe an die Regierung
Das Problem der steigenden Heizöl-, Gas- und Strompreise ist so akut, dass der Präsident des griechischen Tourismusverbands SETE, Yiannis Retsos, im Januar die Regierung um finanzielle Hilfe bat. Er erklärte, es sei "objektiv unmöglich", dass die ganzjährig geöffneten Hotels ihre Kosten decken könnten, insbesondere nach den ruhigeren Wintermonaten. Selbst Hotels, die während des Winters geschlossen waren, befürchten, dass sie die zusätzliche Belastung nicht schultern können, da sie ihre höheren Kosten nicht weitergeben können.
Denn die Preise wurden mit den Reiseveranstaltern schon im letzten Jahr festgelegt, sagt Babbis Voulgaris, Vorsitzender des Hotelierverbandes von Korfu. "Dies wird eine echte Krise für uns sein", bekräftigt auch Hotelier Diavatis. "Es ist nicht schlimmer als die Pandemie, denn zumindest haben wir offen. Aber wir haben damals kein Geld verloren. Jetzt sind wir auf dem besten Weg dahin."
Die griechische Regierung hat seit 2020 über 42 Milliarden Euro an Pandemie-Hilfsmassnahmen ausgegeben, um Unternehmen und Haushalte über Wasser zu halten. Seit September flossen etwa zwei Milliarden Euro an Subventionen für Stromrechnungen. Den Hoteliers gehen die Hilfen nicht weit genug. "Im Sommer, wenn die Klimaanlagen laufen, die Kühlschränke, die Küche, alles - ich weiss nicht, wann das aufhört", sorgt sich Costas Merianos, der ein kleines Hotel am Meer auf Korfu betreibt. "Ich bin froh, wenn ich am Ende der Saison weder meinen Mitarbeitern noch dem Staat oder dem Energieversorger etwas schulde - selbst wenn ich nur noch zehn Euro im Portemonnaie habe."
(Reuters)