Die ständigen Vertreter der EU-Staaten hatten sich bereits am Freitag, dem Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine, auf die neuen Massnahmen verständigt. Es ist das zehnte Sanktionspaket seit Februar vergangenen Jahres. Mit der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt am Samstagabend wurde es wirksam.

Konkret sind unter anderem weitere Exportverbote für industrielle Güter vorgesehen, die die russische Industrie nicht über Drittstaaten wie China beziehen kann. Dazu zählen Maschinenteile, Antennen, Kräne, Spezialfahrzeuge sowie Ersatzteile für Lkw und Triebwerke. Zudem soll es Exportrestriktionen für elektronische Bauteile geben, die für russische Waffensysteme sowie Drohnen, Raketen und Hubschrauber verwendet werden könnten. Auch bestimmte seltene Erden und Wärmebildkameras fallen unter die neuen Regeln. Nach Angaben der EU-Kommission hat die EU nun Exporte im Wert von insgesamt fast 44 Milliarden Euro beschränkt. Das entspricht fast der Hälfte aller Ausfuhren nach Russland im Jahr vor dem Krieg.

Hinzu kommen neue Importbeschränkungen im Wert von fast 1,3 Milliarden Euro etwa für synthetischen Kautschuk und Bitumen. Insgesamt sind nach Angaben der EU-Kommission nun Einfuhren im Wert von mehr als 90 Milliarden Euro von den Einfuhrbeschränkungen betroffen - rund 58 Prozent der Importe von 2021.

Auch gegen Russlands Versorgung mit militärisch nutzbaren zivilen Gütern wie Drohnen soll weiter vorgegangen werden. So werden nach Angaben der EU-Kommission unter anderem sieben Unternehmen aus dem Iran sanktioniert, die an der Belieferung Russlands mit Drohnen vom Typ Shahed beteiligt sein sollen und Teile aus der EU nutzen.

Wie bereits bei früheren Paketen werden weitere Personen und Organisationen sanktioniert, denen vorgeworfen wird, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu untergraben oder zu bedrohen. Sie dürfen nicht mehr in die EU einreisen und ihre etwaigen Vermögen in der EU müssen eingefroren werden. Betroffen sind 87 weitere Personen und 34 Organisationen. Insgesamt hat die EU nach Angaben des Rats der Mitgliedstaaten mit dieser Begründung mittlerweile 1473 Personen und 205 Organisationen auf die Sanktionsliste gesetzt.

Unter den neuen Listungen ist etwa die Alfa-Bank, die als Russlands grösstes Finanzinstitut in Privatbesitz gilt. Ihre einflussreichsten Aktionäre stehen bereits seit dem vergangenen Jahr auf der EU-Sanktionsliste, darunter ist zum Beispiel der Milliardär und Gründer der Bank, Michail Fridman. Zudem sollen die Strafmassnahmen etwa die Tinkoff Bank und die Rosbank treffen.

Auch wurden unter anderem stellvertretende Minister, russische Regierungsbeamte, Verantwortliche für die Deportation und Zwangsadoption ukrainischer Kinder, Propagandisten und neue Mitglieder des russischen Föderationsrats auf die Sanktionsliste gesetzt.

Zudem werden Iraner sanktioniert, die an der Herstellung von Drohnen sowie von Teilen zur Unterstützung des russischen Militärs beteiligt sein sollen. Unter anderen Sanktionsregimen hat die EU nun zudem elf weitere Mitglieder und sieben Einrichtungen mit Strafmassnahmen belegt, die mit der russischen Söldnertruppe Wagner in Verbindung stehen. Einigen davon werden schwere Menschenrechtsverletzungen in der Zentralafrikanischen Republik und im Sudan vorgeworfen, andere gefährden demnach die Sicherheit oder die Stabilität in Mali. Zwei Personen wurden im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg sanktioniert. Sie sollen als Befehlshaber an der Eroberung der Kleinstadt Soledar im Gebiet Donezk im Januar 2023 beteiligt gewesen sein.

Um gegen russische Propaganda vorzugehen, sollen zudem die beiden Sender RT Arabic und Sputnik Arabic verboten werden.

Mit Blick auf die mögliche Verwendung für den Wiederaufbau der Ukraine müssen künftig ausserdem alle eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank sowie andere eingefrorene russische Vermögen in der EU gemeldet werden. Russen dürfen künftig zudem nicht mehr in Führungsgremien von Unternehmen in der EU sitzen, die für kritische Infrastruktur wie die Energieversorgung verantwortlich sind.

(AWP)