Die Kolumne "Gopfried Stutz" erschien zuerst im 

 

Ein Jahr ist es her, seit Bundesrat Alain Berset eine undankbare Aufgabe abschüttelte. Am 9. April 2018 wars. Das ist zufällig auch sein Geburtstag. An jenem Tag befreite sich der Sozialminister von der Herausforderung, die 2. Säule zu sanieren. Dafür verlangte er von den Sozialpartnern, sich zusammenraufen und binnen eines Jahres einen Lösungsvorschlag zu unterbreiten, wie die in Schieflage geratene 2. Säule saniert werden soll. Er selber werde sich um die 1. Säule, die AHV, kümmern.

Man könnte auch sagen: Alain Berset schob den Schwarzen Peter den Sozialpartnern zu. Das Abschieben dieser heiklen Aufgabe war vielleicht sein schönstes Geburtstagsgeschenk.

Nun, das Jahr ist um, am Dienstag schreiben wir den 9. April. Doch nach allem was man hört und liest sind die Sozialpartner nicht bereit, dem Sozialminister zu seinem 47. Geburtstag ein Reformpaket zu schenken.

Dabei wäre das Vorhaben gar nicht so schwierig: Der gesetzliche Mindest-Umwandlungssatz von 6,8 Prozent muss sinken, zum Beispiel auf 6 Prozent. Auf ein Kapital von 100'000 Franken gäbe es dann pro Jahr statt 6800 noch 6000 Franken. Um diese Renteneinbusse auszugleichen, müssten die Lohnabzüge erhöht werden. Das war auch in der Altersreform 2020 so vorgesehen. Zudem könnte man gleich auch noch den Koordinationsabzug abschaffen. Was das ist, versteht eh keiner.

Nun haben wir aber das Problem, dass bereits die AHV mit höheren Lohnabzügen von 0,3 Prozentpunkten zusatzfinanziert werden soll. So will es der AHV-Steuerdeal, auch bekannt unter Kuhhandel, über den wir am 19. Mai abstimmen.

Logischer wäre es, die AHV würde via Mehrwertsteuer statt mit Lohnabzügen finanziert. So würden auch Rentnerinnen und Rentner zur Sanierung der 1. Säule beitragen. Mit dem zur Abstimmung kommenden Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF)  obliegt die Zusatzfinanzierung - Sanierung kann man das nicht nennen - den Lohnempfängern und Arbeitgebern.

Dies ist bedenklich, weil bereits in der 2. Säule eine massive Umverteilung von jung zu alt stattfindet. Nach offiziellen Schätzungen sind es 7 Milliarden Franken, die den Arbeitnehmenden jährlich entgehen, um die ungenügend finanzierten Renten der Pensionäre zu finanzieren. 

Nun dürfte es also Mai werden, bis Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter das Ergebnis ihrer Verhandlungen kommunizieren, wenn überhaupt. Angeblich wollen sie die Abstimmung vom 19. Mai abwarten. Wobei ich ehrlich gesagt nicht erstaunt wäre, sollten sie zu keiner gemeinsamen Lösung finden.

Mir ist es mittlerweile egal, wie die 2. Säule saniert wird. Hauptsache, sie wird saniert. Mein einziger Wunsch besteht höchstens darin, dass das revidierte Gesetzeswerk nicht noch komplizierter wird, als es bereits schon ist. Ein frommer Wunsch, ich bin mir dessen bewusst.