Dies geht aus einem Aussprachepapier des Bundesrates hervor, über das die Zeitung "Nordwestschweiz" am Freitag berichtete, und in welches auch die sda Einblick hatte. Betroffen sind insgesamt zwölf Schiffe der SCL-/SCT Gruppe, acht Frachtschiffe und vier Tanker.

Der Betrieb der acht Frachter kann bereits seit November 2016 nur dank vom Bund gesicherter Überbrückungskredite aufrecht erhalten werden. Monatlicher Kostenpunkt: 0,5 bis 1 Mio CHF. Die vier Tanker sind gemäss dem Aussprachepapier zwar nicht überschuldet, allerdings besteht auch bei diesen für den Bund ein erhebliches Verlustrisiko. Grund sind die "nicht regelmässig geleisteten Amortisationen".

VERKAUF ZUGESTIMMT

Der Bundesrat hat dem Verkauf der zwölf Schiffe in seiner Sitzung von Mitte Dezember zugestimmt. Innerhalb von vier bis sechs Monaten soll das Geschäft über die Bühne gehen, ein Verlust wird in Kauf genommen. Der Ausfall, den der Bund übernehmen müsste, wird auf 175 bis 200 Mio CHF geschätzt.

Das zuständige Wirtschaftsdepartement (WBF) äussert sich auf Anfrage nicht zum konkreten Fall. Bestätigt wird in einer Mitteilung lediglich, dass "durch den Ausfall von Bürgschaften ein finanzieller Schaden in unterer dreistelliger Millionenhöhe entsteht." Die Öffentlichkeit sei bisher nicht informiert worden, um eine Lösungsfindung nicht zu beeinträchtigen und den finanziellen Schaden für den Bund möglichst tief zu halten.

Dass die Information nun vorzeitig an die Öffentlichkeit geriet kommt bei Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann nicht gut an. Er habe umgehend Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung eingereicht, schreibt das WBF in der Mitteilung.

RISIKO BEKANNT

Die Eidgenössische Finanzkontrolle hatte bereits im September vor dem hohen finanziellen Risiko der Hochseeflotte für den Bund gewarnt. Angesichts der andauernden Krise in der Schifffahrt bestehe aktuell ein erhebliches Risiko, dass Bürgschaftszahlungen in beträchtlichem Ausmass vom Bund geleistet werden müssten. Hauptproblem der Branche ist die Überkapazität an Frachtschiffen.

Auch dem Bundesrat waren die Risiken der Hochsee-Schifffahrt seit längerem bekannt. Man habe schon Mitte 2015 von den betroffenen Reedereien Massnahmen zur Sicherung der Liquidität und zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit verlangt, schreibt das WBF.

VERGABEPRAXIS WIRD UNTERSUCHT

Zudem untersuche die Finanzkontrolle im Auftrag des WBF, ob im Zusammenhang mit den Bundes-Bürgschaften alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Im Fokus der Kontrolleure steht die Vergabepraxis beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL), die Vorbereitung der starken Erhöhung der Bürgschafts-Rahmenkredite im Jahr 2008 sowie der Umgang mit stark gestiegenen Risiken des Bundes seit Beginn der Hochsee-Schifffahrtskrise Ende 2008. In diesem Zusammenhang werden auch allfällige Hinweise auf strafrechtlich relevante Tatbestände untersucht.

Genauere Angaben dazu macht das WBF derzeit nicht. Die Ergebnisse der Administrativuntersuchung würden derzeit ausgewertet, schreibt das Wirtschaftsdepartement.

LANDESVERSORGUNG SICHERSTELLEN

Die Schweizer Hochsee-Handelsflotte wurde während des Zweiten Weltkrieges zur Sicherung der Landesversorgung gegründet. Nach Kriegsende verkaufte der Bund seine Flotte. Die Schiffe gehören inzwischen sechs privaten Reedereien. Doch der zentrale Auftrag der Landesversorgung blieb bestehen.

Um diesen zu erfüllen und einen ausreichenden Bestand an Hochseeschiffen zu sichern, garantiert der Bund für diese Schiffe. So ist er in diesem Zusammenhang bis am 31. Dezember 2015 verschiedene Bürgschaften im Umfang von insgesamt 723 Mio CHF eingegangen.

Bisher hat der Bund im Zusammenhang mit der Hochsee-Handelsflotte noch nie eine Bürgschaftszahlung leisten müssen, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsdepartements im September gegenüber der sda.

Im vergangenen Dezember hat der Bundesrat entschieden, die Hochseeflotte nicht mehr weiter zu fördern. Die bestehenden Bürgschaften sollen langfristig auslaufen, bei der letzten Bürgschaft ist dies Ende 2032 der Fall.

cp/

(AWP)