"Das Finanzumfeld sollte jetzt gestrafft werden mit dem klaren Ziel, die Inflation wieder auf das Zielniveau zu bringen", sagte Thomas Jordan am Dienstag in Washington, wo er an den Jahrestagungen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds teilnahm. Bei einer Veranstaltung des Peterson Instituts ermahnte er seine Amtskollegen, eine "unterschwellig expansive Ausrichtung" zu vermeiden und sich vor den "politischen Bequemlichkeit" einer lockeren Geldpolitik zu hüten.
Die SNB hat den Leitzins in diesem Jahr um 125 Basispunkte auf 0,5 Prozent angehoben. Bei ihrer nächsten geplanten Sitzung Mitte Dezember rechnen Volkswirte mit einem weiteren Schritt. Dabei reichen die Erwartungen von einer Erhöhung um 25 Basispunkte bis zu einem 50-Basispunkte-Schritt. Sollte sich die Europäische Zentralbank Ende Oktober zu einer besonders aggressiven Straffung der Geldpolitik entscheiden, könnte das indessen auch zu einem energischeren Vorgehen in der Schweiz führen.
Jordan verwies darauf, dass die Schweizer Unternehmen laut einer SNB-Erhebung höhere Preise leichter an die Kunden weitergeben können als früher. Arbeitnehmer seien in der Lage, grössere Lohnerhöhungen durchzusetzen.
Mit Blick auf dominante Fiskalpolitik beklagte der SNB-Chef, dass die Geldpolitik drohe, "fehlgeleitet" oder "missbraucht" zu werden. "Die Risiken für die Unabhängigkeit der Zentralbanken sind real und überall auf der Welt vorhanden, auch in der Schweiz", betonte Jordan. "Die Unabhängigkeit der Zentralbanken kann nur überleben, wenn die Ergebnisse für die Allgemeinheit positiv sind", fügte er an. "Eine lange Zeit mit hoher Inflation wäre eine Katastrophe."
(Bloomberg)